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Wer hilft jetzt den Kunden?

Verbraucherzentralen in Geldnot

Düsseldorf (dpa). Wenn die Vertreter der Landesverbraucherzentralen heute in Berlin zusammenkommen, droht ein Eklat. Hintergrund sind die drückenden Geldsorgen der Verbraucherschützer. Die Länder ziehen sich immer mehr aus der Finanzierung zurück.

Jetzt soll die Wirtschaft an den Kosten der Verbraucherarbeit beteiligt werden. Allerdings konnten sich die 16 Verbraucherzentralen und der Bundesverband bislang nicht auf eine einheitliche Vorgehensweise einigen.
Die mit Abstand größte Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen - insgesamt 600 feste Mitarbeiter und Honorarkräfte - plant einen Alleingang. In Düsseldorf wurde bereits die »Stiftung Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen« gegründet, »bislang nur eine Hülle, in der noch nicht viel Geld ist«, wie Vorstand Klaus Müller sagte. In den kommenden Jahren soll ein Kapitalstock aufgebaut und aus dessen Erträgen dann die Verbraucherarbeit unterstützt werden. So wollen die Verbraucherschützer ihre Unabhängigkeit wahren: Die Wirtschaft soll durch die Drohung mit Geldentzug keinen Druck auf die unmittelbare Arbeit ausüben können.
Doch der nordrhein-westfälische Alleingang stößt bei anderen Verbraucherzentralen und beim Bundesverband auf wenig Gegenliebe. Carel Mohn, Sprecher des Bundesverbandes, fürchtet die Gründung von 15 weiteren Landesstiftungen und »einen Wettlauf der Verbraucherzentralen um die finanzkräftigsten Anbieter«. Die Verbraucherzentralen Hessen und Baden-Württemberg wollen deshalb einen Antrag vorlegen, in dem alle Verbraucherzentralen aufgefordert werden, »jedwede Aktivitäten zur Umsetzung neuer Modelle einer Anbieterfinanzierung zurückzustellen«.
Zugleich sollen sich die Mitglieder verpflichten, »alle weiteren Entscheidungen konzeptioneller Art zu dieser Frage gemeinsam zu treffen«. Sollte Nordrhein-Westfalen überstimmt werden, müsste die landeseigene Stiftung eine Hülle bleiben. Anderenfalls, signalisiert Verbandssprecher Carel Mohn, »kann Nordrhein-Westfalen nicht unter dem Verbandsdach der Verbraucherzentralen bleiben«.
Doch der Vorstand in Düsseldorf sieht keine Alternative zu einer Landesstiftung. Allein in den letzten drei Jahren hat das Land NRW seine Finanzzuweisungen um fast ein Viertel von 12,8 auf 9,7 Millionen Euro gekürzt. »Die Politik hat es versäumt«, sagt Vorstand Müller, »die Verbraucherzentralen auf eine solide finanzielle Basis zu stellen.« Verbraucherschutz ist Ländersache und eine freiwillige Aufgabe.
Mittlerweile kämpfen alle Verbraucherzentralen mit zum Teil erheblichen Finanzproblemen. Am stärksten hatte es die Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern getroffen, die mit ihrer Insolvenz bundesweit für Aufsehen sorgte. Der damalige Wirtschaftsminister Otto Ebnet (SPD) hatte die Landesbeteiligung im laufenden Haushaltsjahr 2004 kurzrehand von einer Million auf 500 000 Euro halbiert. Für die 33 Mitarbeiter wurde eine Auffanggesellschaft gegründet.

Artikel vom 26.02.2007