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Schlänger auf
Wachstumskurs

Galvano-Formung bei Fichtner & Schicht

Von Maike Stahl
Schlangen (WB). Von winzig klein bis riesig groß, vom Zahnrädchen für die Schweizer Uhr bis hin zu Laminiervorrichtung für Airbus-Bauteile - all das wird bei Fichtner & Schicht im lippischen Schlangen gefertigt. Mit der Galvano-Formung besetzt das Unternehmen eine Nische, in der es weltweit nur wenige Mitbewerber gibt.

»Das heißt aber nicht, dass es bei uns keinen Konkurrenzkampf und Preisdruck gibt, denn die Kunden reagieren sehr flexibel«, hat Geschäftsführer Kurt Stricker festgestellt. Der 45-Jährige ist vor neun Jahren in das Unternehmen eingestiegen. Seitdem konnte er der Firma förmlich beim Wachsen zusehen. Aus 15 Mitarbeitern wurden 55, baulich wurde der Betrieb seit 2001 in jedem Jahr erweitert.
Auch in diesem Jahr soll eine neue Halle mit etwa 600 Quadratmetern gebaut werden. Doch auch das stetige Wachstum bewertet Stricker vorsichtig: »Im Moment läuft es sehr gut, aber wir haben viele Kunden zum Beispiel in der Auto- und Luftfahrtindustrie, die selbst zu kämpfen haben. Für uns ist es daher wichtig, neue Geschäftsfelder zu erschließen, uns breit aufzustellen und weltweit zu agieren.«
Die Technik, mit der bei Fichtner & Schicht Werkzeuge und Metallbauteile hergestellt werden, hat mit dem herkömmlichen Maschinenbau kaum etwas zu tun. An der Germaniastraße wird nur wenig gefräst. Stattdessen wird das elektrochemische Verfahren der elektrolytischen Dissoziation angewandt. Dabei werden Metalle auf ein Positiv-Modell abgeschieden. Das Ergebnis ist nach der Trennung ein formstabiles negatives Werkzeug. Der Geschäftsführer erläutert das am Beispiel: »Diese Werkzeuge werden beispielsweise bei der Herstellung von Instrumententafeln eingesetzt, wie sie in modernen Serienfahrzeugen von VW, BMW und Daimler Benz eingesetzt werden.«
Die Vorteile der Galvanoformung liegen für Kurt Stricker auf der Hand: »Wir können damit komplexe Strukturen exakt nachbilden, was frästechnisch so nicht möglich wäre.« Mit dem Verfahren sind auch natürliche Oberflächenstrukturen, wie genarbtes Leder, perfekt zu imitieren. Die Automobilindustrie ist daher ein bedeutender Auftraggeber für das Schlänger Unternehmen. Neben Instrumententafeln wird auch Mittelkonsolen, Schaltknäufen und Lenkrädern an der Germaniastraße ihr späteres Erscheinungsbild mit auf den Weg gegeben. »Das ist dann natürlich auch immer spannend für uns, wenn zum Beispiel der neue Golf auf den Markt kommt und wir sehen können, wie das fertige Produkt wirkt«, erzählt Stricker.
Die größten Bauteile, die derzeit in Schlangen entstehen, sind von der Luftfahrtindustrie in Auftrag gegeben: Laminiervorrichtungen für Flugzeuge. Dafür gibt es in den Hallen von Fichtner & Schicht Bäder mit einem Volumen von bis zu 50 000 Litern. Interessant ist die Galvotechnik in diesem Bereich unter anderem, weil sie zu erheblichen Material- und damit natürlich auch Kosteneinsparungen gegenüber der Zerspanungstechnik führt. Doch auch in der Produktion bieten die Galvanoformen den Auftraggebern später Vorteile, wie Korrosionsbeständigkeit gegenüber aggressiven Kunststoffen und gute Handhabung in der späteren Fertigung.
Einen Markt der Zukunft sieht Kurt Stricker ebenfalls im Mikrobereich, der ausgebaut werden soll. So entstehen an der Germaniastraße beispielsweise winzige Zahnräder, die in Schweizer Uhren eingebaut werden. »Unser Anspruch einer detailgetreuen Wiedergabe, ist gerade auch in diesem Bereich interessant«, weiß der Ingenieur. So könnten mit der Galvanoformung kleinste Bauteile mit einer Toleranz von unter 50 Mikrometer - ein Mikrometer entspricht einem Tausendstel Millimeter - gefertigt werden. »Gerade im mikrotechnischen Bereich sind unterschiedlichste Anwendungen denkbar, die auch für die regionale Wirtschaft interessant sind«, ist Stricker überzeugt.

Artikel vom 17.03.2007