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Bielefeld holt den »Grammy«

Joachim Becker aus dem Johannistal produziert Musik in New York

Von Matthias Meyer zur Heyde und Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). Gewissermaßen aus dem Stand hat ein Bielefelder den »Oscar« der Musikbranche, den »Grammy« gewonnen: Joachim Becker, der 2003 in New York ein Musik-Label gründete, führte Ike Turner zu frischem Ruhm.

Schon als Becker in der Fachpresse las, dass zwei seiner Latin-Jazz-Alben für den begehrten Preis nominiert waren, wusste er: Die Ernte dreier arbeitsreicher Jahre würde reich ausfallen. »Auf die dritte Nominierung jedoch, auf Ike Turner in der Blues-Sparte, hatte ich im Vorfeld größere Hoffnungen gesetzt«, verriet Joachim Becker (56), den ganz New York nur »Jochen« ruft. Und als der »Presenter«, der Musiker, der im Staples Center zu Los Angeles den Namen des Gewinners aus dem Kuvert zog, kannte der Jubel keine Grenzen mehr.
Joachim Beckers Wiege stand im Johannistal, seine schulische Laufbahn führte ihn am Ratsgymnasium zum Abitur (1969), das musische Talent aber hinter einen Drumset: »Ich habe für die ÝOfficersÜ getrommelt, eine Bielefelder Combo, die die Songs der ÝLordsÜ und der ÝPretty ThingsÜ nachspielte.« Vom kirchenglockenbeschallten »Gloryland« bis zum schmuddelindizierten »Don't bring me down« - was für ein Spagat!
1980 ging der studierte Betriebswirt Becker in die USA und jobbte in der Spirituosenbranche. Die Liebe zur Musik jedoch ließ sich in Whisky nicht ertränken, und so führt Becker, der bis heute auf die »Pretty Things« schwört, in Kürze Vertragsverhandlungen mit deren musikalischem Kopf, dem Gitarristen Dick Taylor. »Die ÝThingsÜ werden ein Album herausbringen, und ich hoffe, es erscheint auf meinem Label.«
Beckers Label - das ist »ZOHO«. Der Name beruht auf dem Soho von Manhattan, der Region »South of Houston Street«. Das Z am Wortbeginn »ist eine absichtlich falsche Schreibweise, weil das einfach rattenscharf aussieht.« Das rattenscharfe »ZOHO«, das ethnischen Jazz-Stilen ein Forum bietet, veröffentlichte im Februar 2004 das erste Album. Und der Ableger »ZOHO Roots«, der auf rockigen, bluesigen Pfaden wandelt, erblickte gar erst 2005 das Licht der Welt - um so märchenhafter strahlt der »Grammy«-Erfolg für die Ike-Turner-CD »Risin' with the Blues«.
Ähnlich wie Tina Turners mittlerweile 75-jähriger Ex kehrt auch »Jochen« Becker immer wieder gerne zu seinen Wurzeln zurück. »Ich besuche regelmäßig meine Mutter, die im Caroline-Oetker-Stift wohnt - dann geht's gleich weiter nach Basel zur Geburtstagsfeier einer meiner beiden Schwestern.« Diesmal ist er allein in good old Germany. Beim nächsten Mal aber kommt die ganze Familie mit, Ehefrau Iris und die vier Söhne.
Man muss den Youngsters doch mal den Rütli zeigen, jenes legendenumrankte ostwestfälische Woodstock im Teuto, wo damals die »Officers« mit Papa an den Drums geschrammelt haben . . .

Artikel vom 23.02.2007