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Eine Zwiebel wie aus Gold
Die Tulpe war einst die Königin unter den Frühlingsblumen
Eine Zeitmaschine müsste man haben... Dann wäre mancher Gartenbesitzer im Frühling reich wie ein König. Das Tulpenbeet würde zur Schatzkammer, und Edelleute würden Schlange stehen, um jede einzelne Zwiebel der leuchtenden Frühlingsblume mit Gold und Diamanten aufzuwiegen. Verrückt? Vielleicht, aber wahr. Denn vor 450 Jahren waren Tulpen eine Kostbarkeit von unvorstellbarem Wert.
Dabei waren die ersten Tulpen in Europa eigentlich nur das Mitbringsel eines weitgereisten Diplomaten, der sie in der Türkei gesehen hatte. Dort waren sie des Sultans liebste (Blumen-)Zwiebel. Heute würde man sagen: Tulpen waren der letzte Schrei. Und diese Mode schwappte bis nach Europa, besonders in die Niederlande. Diese Welle schäumte geradezu über: Ein wahrer Tulpenrausch entstand, die »Tulpomanie«.
Die Leute waren im 17. Jahrhundert so verrückt nach diesen exotischen Blumen in all ihren verschiedenen Formen und Farben, dass sie an der Börse für unglaubliche Geldsummen gehandelt wurden. Fast alle spekulierten mit und gaben Geld aus für Tulpenzwiebeln, von denen sie meist noch nicht einmal wussten, wie die Blume im Frühling aussehen würde - die meiste Zeit des Jahres ruhte sie ja ganz unscheinbar in der Erde.
Damals konnte man sich überlegen: Kaufe ich mir eine Tulpe oder baue ich mir von dem Geld lieber ein Haus? Ein halbes Jahrhundert später ist das anders. Wer gerade in ein neues Zuhause eingezogen ist, freut sich, mit wenig Geld Heim und Garten verschönern zu können. Eine Tulpenzwiebel kostet etwa 20 Cent, und für wenige Euro gibtÕs im Supermarkt schon einen ganzen Strauß - gezüchtet und gewachsen meist in den Niederlanden, wo Tulpen die Nationalblumen sind. Aber die Blütenform und ihr lateinischer Name »tulipa« erinnern bis heute daran, wo einst das Mekka der Tulpenfreunde lag: Die Bezeichnung kommt von »tülbent«, dem türkischen Wort für eine Kopfbedeckung, die dem Turban ähnelt.
Margit Brand

Artikel vom 03.03.2007