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Wertvolle Bücher der
Kapuziner vernichtet

Uni-Bibliothek Eichstätt gerät in Verruf

Eichstätt (dpa). Kulturskandal: Die Bibliothek der Katholischen Universität (KU) Eichstätt-Ingolstadt soll mindestens 100 000 wertvolle Bücher vernichtet haben.

Darunter befinden sich angeblich große Teile einer überlassenen Klosterbibliothek der Kapuziner mit kulturhistorisch wertvollen Werken. Der KU-Stiftungsvorstand zog Konsequenzen: Der verantwortlichen Bibliotheksdirektorin wurde die weitere Aufarbeitung der Kapuziner-Bestände untersagt. Die bayerischen Kapuziner hatten der Uni-Bibliothek 1999 mehr als 350 000 Bücher überlassen - ein Zehntel davon Bände, die vor der Säkularisation 1803 erschienen waren und dem Freistaat Bayern gehörten.
Es gebe »gewisse Anhaltspunkte, dass Bücher weggeworfen wurden, die hätten aufbewahrt werden müssen«, sagte Konrad Regler, Vorstandsvorsitzender der Eichstätter Universitätsstiftung. Eine Voruntersuchung des Universitäts-Kanzlers Gottfried Freiherr von der Heydte hatte ergeben, dass zwischen Juni 2005 und Oktober 2006 insgesamt 80 Tonnen Bücher in 17 Containern entsorgt wurden. Laut Auskunft des bayerischen Kapuzinerprovinzialats sollen davon mehr als zwei Drittel aus Kapuziner-Beständen stammen.
In den vergangenen Wochen häuften sich die Vorwürfe gegen die KU-Bibliotheksleitung. Klaus Graf, Geschäftsführer des Aachener Hochschularchivs, sprach von »Vernichtung von Kulturgut«. Der Kanzler der KU sah lange Zeit keinen Handlungsbedarf. Erst als der Zeitung »Donaukurier« fünf historisch wertvolle Bände zugespielt wurden, die in einem Altpapiercontainer gelandet sein sollten, ging Von der Heydte den Vorwürfen nach.
Das vorläufige Ergebnis: Es bestehe der Verdacht, dass nicht mit der nötigen bibliothekarischen Sorgfalt vorgegangen worden sei. Der frühere Bibliotheksdirektor Hermann Holzbauer zeigte sich erschüttert: »Nach meiner Kenntnis ist so was in Bibliothekskreisen noch nie vorgekommen.«

Artikel vom 23.02.2007