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CDs zerfallen so wie Bücher

Musikarchiv fürchtet um Bestand - Silberscheiben halten 10 bis 30 Jahre

Von Dietmar Kemper
Gütersloh/Berlin (WB). CDs speichern Musik nicht für die Ewigkeit. Sie zerfallen genauso wie Bücher. »Selbst bei perfekten Lagerbedingungen kann man den langsamen Zersetzungsprozess einer CD nicht aufhalten«, klagt der Leiter des Deutschen Musikarchivs in Berlin, Ingo Kolasa.

Das Archiv umfasst Deutschlands größte Musiksammlung: Seit 1983 wird von jeder Audio-CD, die in Deutschland verlegt wird, ein Exemplar in dem Musik-Archiv in Berlin abgelegt. Inzwischen sind es mehr als 373 000 Silberscheiben. Bei 200 von ihnen, die in den ersten drei Jahren eingingen, habe ein Messgerät bereits Zersetzungserscheinungen deutlich gemacht, sagte Kolasa. Vor allem die Lacke fräßen sich durch die einzelnen Schichten und beeinträchtigten die Reflexionsfähigkeit der CD. Ergebnis: Sie ist nicht mehr zu lesen. Nicht mehr zu gebrauchen ist sie angeblich, wenn man sie etwas fester anpackt. Allein durch leichtes Biegen entstünden in ihrem Schutzlack Haarrisse, durch die Feuchtigkeit eindringen könne.
»Bereits in den ersten Jahren der CD-Herstellung gab es Berichte, dass die Lebensdauer der CD keine zehn Jahre betragen würde«, sagte ein Sprecher der Arvato-Tochter Sonopress gestern dieser Zeitung. Heute gehe man von einer Lebensdauer der silbernen Scheiben von 25 bis 30 Jahren aus. Chemische Reaktionen der Aluminiumschicht mit Sauerstoff- beziehungsweise Wasserstoffmolekülen zehrten auf die Dauer an der CD. Sonopress in Gütersloh ist der führende CD-Vervielfältiger: Jeden Tag werden weltweit vier Millionen Stück hergestellt. Die Silberscheiben werden dem sogenannten Lebensdauertest nach der Standardnorm IEC 68 unterworfen, erklärte der Sprecher: die Datenträger müssen 500 Stunden bei 85 Grad Celsius und 95 Prozent Luftfeuchtigkeit unbeschadet überstehen. Gemessen wird, ob sich die elektrischen Signale verändert haben. Bei Sonopress werden CDs in einem Spritzgussverfahren aus Polycarbonat produziert und mit Aluminium metallisiert. Die Datenträger werden anschließend mit einem UV-Lack beschichtet, der auch die äußeren Kanten der CD umschließt. Anschließend werden sie mit darauf abgestimmten Farben bedruckt.
1982 war die CD als Nachfolger der Schallplatte eingeführt worden - mit dem Versprechen langer Haltbarkeit und exzellenter Klangqualität. War das übertrieben? »Wir sehen keine Veranlassung, der CD eine kürzere Lebensdauer als der Schallplatte zu prognostizieren«, heißt es bei Sonopress.
In jedem Fall ist es hilfreich, die CDs vor Kratzern zu schützen. Hierbei ist es besonders wichtig, die bedruckte Seite zu schonen. Auch wenn viele Musikfreunde das Gegenteil glauben, ist sie empfindlicher als die silberne Leseseite. Beim Reinigen dürfen nur neutrale Reinigungsmittel wie Wasser verwendet werden, keinesfalls alkalische oder alkoholische Hilfsmittel. Zudem sollten CDs nicht in die Sonne und in direkte Nähe von Heizungen gelegt werden. Noch kurzlebiger sind selbst gebrannte CDs: nach einem Jahr können sie nicht mehr lesbar sein.

Artikel vom 23.02.2007