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Frauke: Briefe
an eine Tote

Freundinnen schreiben Mordopfer

Von Christian Althoff
Paderborn (WB). Post an eine Tote: Freundinnen von Frauke Liebs haben der Ermordeten gestern im Internet zu ihrem 22. Geburtstag geschrieben. »Eine schöne Geste!«, sagt Diplom-Psychologe Dr. Arthur Schirmer (61) aus Paderborn.
Frauke Liebs hatte viele Freundinnen.

Die Krankenpflegeschülerin aus Paderborn, die im Juni 2006 von einem Unbekannten verschleppt und ermordet worden war, wäre gestern 22 Jahre alt geworden. Beinahe täglich hatte Frauke Liebs im Internet Kontakt zu Freunden und Bekannten gehalten, etwa über das Portal »Yooliety«, wo sie noch heute unter dem Pseudonym »Sweetcorry« angemeldet ist. Dort hinterließen gestern zahlreiche Freundinnen Geburtstagsgrüße: »Vor einem Jahr habe ich dich noch besucht, und wir haben in Paderborn Kuchen gegessen. Ich werde zu deinem Grab fahren, um an deinem Geburtstag bei dir zu sein«, schrieb eine Freundin. Ein anderer Eintrag lautet: »Alles Gute zum Geburtstag! Als Engel wirst du jetzt ewig leben!«
»Es tut so weh, heute nicht mit dir feiern zu können«, textete ein dritter Bekannter: »Ich besuche dich gleich an deinem Grab. Ich hoffe, du feierst da oben im Himmel deinen Ehrentag. Warum musstest du nur von dieser Welt gehen? Wir denken alle ganz fest an dich!« Und eine Mitschülerin aus der Krankenpflegeschule hinterließ diese Nachricht: »Du weißt ja gar nicht, wie sehr du hier fehlst. In der Klasse ist alles so anders ohne dich. Ich bin sicher, dass der liebe Gott ganz besonders auf dich aufpasst, denn du bist mit Sicherheit sein schönster Engel!«
Briefe an eine Tote - für den Paderborner Diplom-Psychologen Dr. Arthur Schirmer eine ganz normale Sache: »Lange, bevor es das Internet gab, haben Menschen schon Briefe auf Gräbern niedergelegt - etwa weil sie mit dem Verstorbenen noch etwas zu klären hatten.« An Tote zu schreiben sei ein Ritual, das dem Verstorbenen ein Denkmal setze und seine Wertschätzung ausdrücke: »Man will den geliebten Menschen weiter in seiner Mitte haben, er soll an unserem Leben teilnehmen.« Schreiben helfe aber auch den Trauernden: »Hinterbliebenen, die mit dem Verlust nicht fertig werden, raten wir, einen endlosen Brief an den Verstorbenen zu schreiben, der jeden Tag mit dem ergänzt wird, was den Trauernden gerade bewegt.« Das wirke sich sehr entlastend auf die Hinterbliebenen aus. Dr. Schirmer: »Es hilft in den ersten Trauerphasen, wenn es darum geht, den Tod zu akzeptieren und mit dem Schmerz zu leben.«

Artikel vom 22.02.2007