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Weg zum Ruhm hatte große Hürden

Elizabeth Taylor: Die letzte große Hollywood-Diva wird am Dienstag 75 Jahre alt

Von Nada Weigelt
Los Angeles (dpa). Liz Taylors Leben als Film? Jeder vernünftige Regisseur würde das Drehbuch in die Ecke werfen - eine völlig überdrehte Geschichte. Wer kann schon mehr als 50 Filme hindurch glaubwürdig die Starrolle verkörpern, acht Ehemänner verheizen und über Jahrzehnte hinweg der Liebling der Klatschspalten bleiben?

Doch, Liz Taylor kann. Sie hat einen Lebens-Tango aufs Parkett gelegt, der jedem Normalsterblichen den Atem raubt. Ihr Hang zu sinnlichen, leidenschaftlichen Frauenrollen - im Leben wie auf der Leinwand - hat sie zum Star der Stars in den goldenen Zeiten des US-Kinos gemacht. Am Dienstag wird die letzte große Diva Hollywoods 75 Jahre.
In der Öffentlichkeit lässt sich Taylor, die von der Queen zur »Dame« des britischen Empire erhoben wurde, nur mehr selten blicken. Im vergangenen Jahr setzte sie sich voller Elan gegen Gerüchte zur Wehr, sie leide an Alzheimer. »Sehe ich etwa aus, als würde ich bald sterben?«, sagte sie in der US-Talkshow »Larry King Live« kämpferisch und erklärte, den Rollstuhl nur wegen ihrer chronischen Rückenprobleme zu brauchen.
Geboren wurde Elizabeth Rosemond Taylor, so ihr voller Name, in London. Ihre Eltern waren Amerikaner. Der Vater war Kunsthändler von Beruf, die Mutter Schauspielerin. Die kleine Elizabeth bekam Ballettschuhe, sobald sie laufen konnte und tanzte als Dreijährige mit ihrer Klasse vor der britischen Königin. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg zogen ihre amerikanischen Eltern nach Los Angeles zurück, wo der Vater in Beverly Hills eine Kunsthandlung betrieb. Die ehrgeizige Mutter der Elfjährigen erkämpfte eine Rolle in dem »Lassie«-Film »Heimweh« (1942).
Doch der Weg zum Ruhm hat Hürden. Ihre Augen seien »zu alt«, befindet das Universal Studio und setzt durch, dass sie von der Liste der aussichtsreichen Stars gestrichen und entlassen wird. Konkurrent Metro-Goldwyn-Mayer bietet zwar einen später höchst lukrativen Vertrag, findet das Mädchen aber zu klein. Für ihre erste Hauptrolle von MGM 1945 in »National Velvet« muss Taylor ins Streckbett, bis sie sich Dauerschäden am Rücken holt. Bei den Drehaufnahmen stürzte T. vom Pferd und verletzte sich die Wirbelsäule. Ihre spätere Kränklichkeit wurde vielfach auf diesen Unfall zurückgeführt. »Wenn Du früh im Showbusiness startest, hast du eigentlich keine gute Kindheit«, sagte sie kürzlich.
Nur wenige Jahre und einige Filme später gilt Liz Taylor mit ihren faszinierenden Augen und ihrer erotisch-prickelnden Präsenz als schönste Frau der Welt. Ihr späterer Doppel-Ehemann Richard Burton nannte sie allerdings in aller Öffentlichkeit auch »fette Wachtel« - und konnte das aber nur mühsam mit der Bemerkung relativieren, er liebe »jedes Pfund an ihr«.
Mit »Giganten« (1956), James Deans letztem Film, gelingt der erst 24 Jahre alten Schauspielerin der große Durchbruch. Ihre Rollen und Filmpartner konnte sie sich von nun an aussuchen. Wie Perlen an einer Schnur folgen jetzt Jahr auf Jahr die großen Klassiker: »Das Land des Regenbaums« (1957), »Die Katze auf dem heißen Blechdach« (1958) und »Plötzlich im letzten Sommer« (1959). »Cleopatra« (1963) schließlich wird ein Doppelcoup: Als erste Schauspielerin überhaupt bekommt Taylor eine Gage von einer Million Dollar. Zudem lernt sie ihren Ehemann Nummer 5 und 6 kennen - Richard Burton.
Es ist eine hochexplosive Beziehung: Die beiden heiraten 1964 und bleiben in einer publikumswirksam aufbereiteten Hassliebe zunächst zehn Jahre zusammen. Dann kommt die Scheidung, ein Jahr der Trennung und dann doch wieder ein neues Ja-Wort, bis die Beziehung 1976 endgültig zerbricht. »Noch heute trage ich seinen Ring. Er war meine ganz große Liebe«, sagt die Diva. Wie sie sich aber auch gegenseitig quälen konnten, haben die beiden in schonungsloser Offenheit in der Albee-Verfilmung »Wer hat Angst vor Virginia Woolf« (1966) gezeigt. Für diesen vielleicht besten aller ihrer Filme erhielt Taylor ihren zweiten Oscar. Den ersten hatte sie einige Jahre zuvor für ihre Rolle als Edelhure in »Telefon Butterfield 8« (1960) bekommen.
In den 70er und 80er Jahren werden die Filme weniger, die Themen flacher. Die Taylor macht vor allem mit ihren Starallüren, ihren Ehen und Liebesaffären, mit Alkohol- und Gewichtsproblemen sowie ihren wechselnden Krankheiten Schlagzeilen. Nach einem kurzen Zwischenspiel mit Ehemann Nummer 7 lernt sie bei einer Alkohol-Entziehungskur den zwanzig Jahre jüngeren Bauarbeiter Larry Fortensky kennen, den sie 1991 heiratet - der vorerst letzte Versuch. Er scheitert 1996.
Seit dem Aidstod ihres Schauspielerkollegen Rock Hudson 1985 engagiert sich Taylor für das in den USA lange heikle Thema der Aidsbehandlung. Sie gründet zwei Stiftungen, in denen sie bis heute aktiv ist. »Wenn Geld nicht dazu da ist, die Welt besser zu machen - wozu sonst?« Auch politisch mischt sie weiter mit. Kürzlich gab sie bekannt, den Wahlkampf der Demokratin und Ex-Präsidentengattin Hillary Clinton zu unterstützen. Und selbst einen neuen Film schloss die vierfache Mutter und neunfache Großmutter noch vor einiger Zeit nicht aus: »Wenn mich eine Rolle ansprechen würde, und wenn sie richtig schön saftig wäre, warum denn nicht?« Neben zahlreichen Auszeichnungen für ihr schauspielerisches Lebenswerk wurde die Leinwandlegende in den letzten Jahren auch für ihr reges Engagement in der Aidshilfe geehrt.

Artikel vom 22.02.2007