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Die Bayern fühlten den Sieg

Mark van Bommel macht den Unterschied - aber Rückspiel-Sperre droht

Madrid (dpa). Ein Schuss, ein Tor - und plötzlich ist beim kriselnden FC Bayern München wieder Land in Sicht. Der späte Treffer von Mark van Bommel verkehrte die 2:3-Niederlage im Achtelfinal-Hinspiel bei Real Madrid in einen gefühlten Sieg. Owen Hargreaves heftet sich an Robinhos Fersen.
Allerdings bejubelte der Niederländer dieses wertvolle Tor mit einer provozierenden Geste, durch die sich Real beleidigt fühlte. Die Europäische Fußball-Union (UEFA) kündigte eine Untersuchung an. Möglicherweise wird van Bommel für das Rückspiel am 7. März in München wegen unsportlichen Verhaltens gesperrt.
Davon ahnten die Bayern beim Bankett noch nichts. Hier machte sich Aufbruchstimmung breit. »Das zweite Tor hat uns die Tür aufgemacht. Mit 70 000 Zuschauern im Rücken werden wir Real in zwei Wochen einen heißen Tanz liefern. Ich bin optimistisch, dass wir es packen«, sagte Klubchef Karl-Heinz Rummenigge.
Uli Hoeneß hätte am liebsten Schampus auffahren lassen. »Wir sollten nicht immer alles negativ sehen. Wenn wir zu unserer großen Zeit auswärts 1:2 verloren haben, haben wir Champagner getrunken, weil wir gesagt haben, das schaffen wir im Rückspiel«, erinnerte Hoeneß an die Europapokal-Triumphe von 1974 bis 1976. Die Statistik hilft: Sieben Siege und nur ein Remis sind die Heimbilanz gegen Real.
Kurios, aber wahr: Ausgerechnet eine Niederlage - und schon die vierte im sechsten Pflichtspiel 2007 - »kann der Wendepunkt sein«, wie Hoeneß hofft. »Wir sind der moralische Gewinner«, ergänzte van Bommel, der aber auch warnte: »Dieses Spiel gibt keine Garantie für die Zukunft.« Um ihn selbst gab es noch Aufregung. Beim Jubeln schlug der Torschütze zweimal kurz die Hand in die angewinkelte Armbeuge. Er entschuldigte sich gleich nach Spielschluss bei den Fans: »Normalerweise mache ich sowas nicht. Das sind die Emotionen in so einem Spiel.« Er räumte aber später seine Geringschätzung einiger Real-Spieler ein. Dies hatte er mit der Geste deutlich zum Ausdruck gebracht. Van Bommel spielte früher für »Erzfeind« Barcelona. Die Bayern taten die Szene als Lappalie ab. »Man muss sich nicht aufregen«, sagte Rummenigge. »Lächerlich.« Real-Verteidiger Roberto Carlos sah das anders: »Er muss gesperrt werden«, forderte der Brasilianer.
Der starke Münchener Schlussspurt mit den eingewechselten Hasan Salihamidzic (wegen angeblichen Spuckens in Richtung des Publikums muss auch er noch mit Ärger rechnen) und Claudio Pizarro wirkte als Mut- und Muntermacher. Daran müsse man sich aufrichten, meinte Rummenigge und erinnerte an die Grundregel des Fußballs: »Fighten, Kämpfen, Beißen, Kratzen, um den Gegner niederzuringen. Daraus wird dann Selbstvertrauen, Sicherheit und Stabilität geholt.«
»Jetzt ist man wieder im Spiel, aber ich warne vor Euphorie: Ein Unentschieden zu Hause genügt nicht«, mahnte Franz Beckenbauer. Zur Halbzeit lag der national praktisch schon entthronte deutsche Meister nach den Real-Toren von Raul (10./28.) und Ruud van Nistelrooy (34.) und dem 1:1 des starken Lucio (23.) auch international in Trümmern. »So viele Fehler, wie wir gemacht haben, macht man normalerweise in drei oder vier Spielen«, rügte Beckenbauer.
Ottmar Hitzfeld war entsetzt, als er zur Pause ein Team vorfand, das sich aufgegeben hatte. »Ich dachte, was ist los? Alle sitzen da und denken, die Champions League ist vorbei. Das kann nicht sein!« Hinterher rühmten alle die Art, wie Hitzfeld die Elf aufbaute. »Wir haben Real niedergekämpft in der zweiten Halbzeit«, freute sich der Trainer über die Reaktion.

Artikel vom 22.02.2007