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Fall für Kino-Langstreckler

Film erinnert an Andy Warhol zum 20. Todestag

Von Klaus Gosmann
Berlin (WB). Nicht nur die Berlinale lebt vom Spagat zwischen Kunstanspruch und medialer Aufmerksamkeit dank Star-Präsenz. Auch Andy Warhol hat einige Kapitel zur Geschichte dieses oft verminten kulturellen Grenzgebiets beigetragen. Morgen ist sein 20. Todestag.

Auf der Berlinale lief ein Filmporträt über den Künstler. Mit 234 Minuten ist »Andy Warhol: A documentary film« ein klarer Fall für Leinwand-Langstreckler, aber der lange Kino-Atem lohnt sich in diesem Fall. Akribisch, aber nicht akademisch zeichnet Regisseur Ric Burns, der bereits dem Fotografen Ansel Adams und dem Dramatiker Eugene O'Neill filmische Denkmäler setzte, das Bild eines aus ärmsten Verhältnissen stammenden, kränklichen Einwandererkinds, dessen Antrieb, Künstler zu werden, schon früh mindestens so stark ist, wie der Wunsch, damit auch Berühmtheit zu erlangen.
Burns geht ausgiebig auf Warhols Trainingsjahre als Grafiker in der New Yorker Werbebranche ein, wo er gut bezahlt für seine spätere Ikonografie des Alltags (Suppendosen, Geldscheine etc.) üben konnte. Burns lässt Warhols Geschichte von Künstlerkollegin Laurie Anderson erzählen und zahlreiche Weggefährten des gebürtigen Pittsburghers zu Wort kommen. Allerdings zumeist nur ihm freundlich gesonnene Zeitgenossen, was zu den Kritikpunkten an dieser Filmbiografie gezählt werden kann. Burns skizziert auch den Wandel, der sich nach einem Mordanschlag auf Warhol in ihm vollzieht: Die buntschillernden Freaks verschwinden aus seinem Umfeld, stattdessen organisieren fortan Mittelschicht-Twens mit akademischem Abschluss seine Geschäfte. Bis zum Tod 1987 bleibt Warhols künstlerischer Output äußerst hoch, wenngleich Burns anklingen lässt, dass der kreative Zenit überschritten war.

Artikel vom 21.02.2007