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Guten Morgen

Spickzettel


Natürlich sollen Kinder in der Schule nicht mogeln. Aber ebenso natürlich versuchen sie es immer wieder - aus purer Not. Die war offenkundig auch beim Zweitgeborenen groß. Am Abend vor der lange angekündigten Lateinarbeit kam er an: Mama sollte mal die Vokabeln der letzten vier Lektionen abfragen. Die wusste genau, welche Wörter sie herauspicken musste. Mit sicherem Instinkt fragte sie nach - und entlarvte eklatante Lücken. Zehn Vokabeln gefragt, zehn Schulterzucken geerntet. Klasse Vorbereitung, bescheinigte sie dem Nachwuchs und wünschte viel Glück: »Das wirst Du brauchen.« Sohnemann holte sich also schnell eine Karteikarte: »zum Spicken«, beschied er. »Reicht nicht«, meinte die Mutter. »Bei Deinen Lücken sollte es ein DIN A4-Blatt sein.«
Der Sohn ließ sich nicht beirren und präparierte seinen Spickzettel eng mit den Vokabeln, die irgendwie sperrig waren, nahm die Karteikarte mit zu Bett, las sie vor dem Einschlafen und trottete am nächsten Morgen mit den Augen auf dem Blatt zur Schule. Was soll man sagen - es ging wieder einmal gut. Sehr gut sogar - und zwar ganz ohne Spickzettel. Der hatte seine Aufgabe schon erfüllt. Sabine Schulze

Artikel vom 23.02.2007