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Heute wäre Frauke 22 Jahre geworden

Mordkommission überprüft 20 000 Handy-Daten -ĂŠInternet-Chat-Partner werden befragt

Von Christian Althoff
Lübbecke (WB). Für Freunde und Angehörige ist es ein besonderer Tag der Trauer: Heute wäre Frauke Liebs 22 Jahre alt geworden. Ein Unbekannter hatte die Krankenpflegeschülerin am 20. Juni in Paderborn entführt und später getötet.
Ralf Östermann bittet um Hinweise unter der Nummer 05251/3060.
Sieben weiße Porzellanengel wachen auf dem Grab der jungen Frau, die in ihrer Heimatstadt Lübbecke ihre letzte Ruhestätte gefunden hat. In einem großen Herzen aus Efeu und Erika liegen vom Regen ausgewaschene Fotos und Briefe, die Freundinnen hier niedergelegt haben. Auf dem Grabstein stehen die Jahreszahlen 1985 und 2006 - kein Monat, kein Tag, denn bis heute weiß niemand außer dem Mörder, wann Frauke Liebs umgebracht worden ist. Ihre Leiche war am 4. Oktober von einem Jäger in einem Wald bei Lichtenau (Kreis Paderborn) entdeckt worden - heute vor 20 Wochen.
Seit jenem Tag jagen elf Kriminalbeamte den Mörder der jungen Frau, der wahrscheinlich aus ihrem Bekanntenkreis stammt. Doch der ist groß: Frauke Liebs ist in Lübbecke aufgewachsen, hat in Bielefeld Abitur gemacht und absolvierte zuletzt in Paderborn eine Ausbildung zur Krankenschwester.
Nicht nur wegen des großen Bekanntenkreises ist die Suche nach dem Täter eine enorme Fleißarbeit. »Wir haben bisher 20 000 Handy-Verbindungsdaten überprüft«, sagt Hauptkommissar Ralf Östermann, der Leiter der Mordkommission. Denn der Entführer hatte Frauke Liebs in den Tagen nach ihrem Verschwinden bei sechs Gelegenheiten erlaubt, ihr Telefon zu benutzen. Deshalb hat die Kripo beispielsweise überprüft, ob während dieser Gespräche immer auch ein anderes Handy an der jeweiligen Funkzelle eingebucht war - nämlich das des Täters. »Das war eine Riesen-Arbeit für den Kollegen«, sagte Östermann. Denn die Telefongesellschaften hätten der Mordkommission die Daten zum Teil schriftlich, zum Teil als Computerdateien zur Verfügung gestellt. Östermann: »Die Datenmengen mussten erst einmal zusammengeführt werden.«
Eine heiße Spur hat die Auswertung der Telefonverbindungen bisher nicht ergeben, deshalb konzentrieren sich die Polizisten jetzt auf die Internet-Chats »ICQ« und »Yooliety«. Dort hatte Frauke Liebs unter ihrem Pseudonym »SweetCorry« Kontakt zu mindestens 100 Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern. Parallel zu den Internet-Ermittlungen setzt die Mordkommission weiter auf Hinweise aus der Bevölkerung. »Irgendwo muss der Täter die Frau ja gefangengehalten haben, und das ist möglicherweise jemandem aufgefallen. Vielleicht hat der Entführer Frauke Liebs ja auch als seine Freundin ausgegeben und sich mit ihr irgendwo eingemietet, so dass das Paar für einen Außenstehenden nicht verdächtig erschien«, gibt Östermann zu bedenken.
Wie die Kripo Mitte Januar nach einem entsprechenden Profiler-Gutachten des Landeskriminalamtes bekanntgegeben hatte, hat sich das Versteck wahrscheinlich im Großraum Nieheim (Kreis Höxter) befunden. »Aus dieser Gegend sind bislang 90 Hinweise eingegangen, die noch nicht alle überprüft sind«, erklärte Östermann. Dabei hätten mehrere Zeugen die Polizei auch auf einen Mann aus Nieheim aufmerksam gemacht, der aber definitiv mit dem Fall nichts zu tun habe: »Der ist unschuldig.«
Trotz der großen Anteilnahme, die der Mordfall in der Bevölkerung ausgelöst hat, stößt die Kripo noch immer auf Menschen, die keine Nachrichten verfolgen und denen der Fall nur wenig sagt. Östermann hofft deshalb: »Vielleicht gibt es ja einen wichtigen Zeugen, der noch gar nicht weiß, dass er uns helfen kann.«

Artikel vom 21.02.2007