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Edmund Stoiber dominiert ein
letztes Mal den Aschermittwoch

Knapp dreistündige Rede - CSU-Chef ruft Partei zur Geschlossenheit auf

Passau (dpa). In einer bejubelten Marathon-Rede hat der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber gestern bei seinem letzten Aschermittwochsauftritt die Partei eindringlich zur Geschlossenheit aufgerufen.

»Egoismus und Disziplinlosigkeit« gefährdeten die einzigartige Stellung der CSU, warnte der bayerische Ministerpräsident in seiner knapp dreistündigen sowohl kämpferischen wie emotionalen Rede in Passau. Seine Nachfolger beschwor er sieben Monate vor seinem Rückzug, diese Bedeutung der CSU zu wahren. Die 6000 Zuhörer feierten Stoiber mit zwölfminütigen Ovationen. Die Fürther Landrätin und Stoiber-Kritikerin Gabriele Pauli hatten sie zuvor mit »Pauli raus«-Sprechchören empfangen.
Auch nach seinem Rückzug werde er mit seiner Meinung nicht hinterm Berg halten. Dies werde auch die Schwesterpartei CDU zu spüren bekommen: »Die Leute werden sich daran gewöhnen müssen, dass ich manches vielleicht etwas deutlicher aussprechen werde, als ich das bislang getan habe«, sagte er. »Man muss nicht auf alles und jeden Rücksicht nehmen.« Dies sei auch bisher sein Motto gewesen. Dafür habe er sich in der Berliner Koalition gern als »Doktor No« beschimpfen lassen.
In der Frage seiner Nachfolge als CSU-Vorsitzender ergriff Stoiber nicht direkt Partei für einen der beiden Bewerber, seinen Wirtschaftsminister Erwin Huber und CSU-Vize Horst Seehofer. Indirekt ließ er aber Sympathien für Huber erkennen: Die lange gemeinsame Zeit in der bayerischen Regierung habe Huber die Kraft und Erfahrung gegeben, die er »morgen und übermorgen noch brauchen wird«, sagte Stoiber.
Hubers Konkurrenten lobte Stoiber hingegen lediglich in seiner Eigenschaft als Agrarminister: Seehofer habe für die Bauern mehr erreicht als seine Amtsvorgängerin Renate Künast (Grüne). »Die Bauern sind heute in einer ganz anderen Situation durch ihn und die CSU als früher.«
Huber bot in seiner Rede Seehofer, der der Kundgebung ferngeblieben war, eine Zusammenarbeit an: »Ich reiche Horst Seehofer die Hand.«
Stoiber mahnte seine Nachfolger, die CSU nicht auf die Rolle einer reinen Regionalpartei zu beschränken: Die Erfolge Bayerns seien Messlatte für die anderen Bundesländer. Die CSU müsse auch künftig auf die internationale Positionierung Deutschlands Einfluss nehmen, sonst sei der »besondere Glanz« der Partei gefährdet. Gleichzeitig muss nach Ansicht Stoibers die Sonderrolle des Freistaats gewahrt werden: »Die 1500 Jahre alte Eigenständigkeit und Selbstständigkeit Bayerns darf niemals aufs Spiel gesetzt werden.«
Stoiber richtete zudem mahnende Worte an die CDU. Die Union dürfe sich nicht mit 33, 34 oder 45 Prozent zufrieden geben. Die CSU sei die »einzige echte Volkspartei«, weil sie von mehr als der Hälfte der Wähler gewählt werde. Er könne nur davor warnen, auf einen dritten Koalitionspartner neben der FDP zu spekulieren. »CDU und CSU müssen so stark werden, dass gegen sie nicht regiert werden kann.«
Mit Angriffen auf den Berliner Koalitionspartner SPD hielt sich Stoiber weitgehend zurück. Er kritisierte jedoch die Grünen und den niedersächsischen CDU-Ministerpräsidenten Christian Wulff, der Bayern mangelndes Engagement für die Kinderbetreuung vorgeworfen hatte. »Der soll erst mal Bayern erreichen, dann kann er uns kritisieren.« Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die Union nur noch das Familienmodell der erwerbstätigen Frau fördern wolle. Der CSU-Chef verlangte den Abschied vom Atomausstieg, kritisierte die vorgezogene Freilassung ehemaliger RAF-Terroristen und lehnte erneut einen EU-Beitritt der Türkei ab.
Als Grund für seinen bevorstehenden Rückzug nannte Stoiber: Wer für die CSU immer da gewesen sei und alles gegeben habe für die Zukunft Bayerns, »der will den Erfolg Bayerns nicht gefährden«. »Ich frage mich doch heute, hast du das Erbe des größten Sohnes der CSU, Franz Josef Strauß, gut verwaltet?«
Die 6000 Zuhörer in der Passauer Dreiländerhalle antworteten im Chor mit »Ja«. Die ausgebuhte Fürther Landrätin Pauli bescheinigte ihm, eine »sehr gute Rede gehalten« zu haben.

Artikel vom 22.02.2007