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Airbus-Sanierung muss warten

Vorstellung des Milliarden-Sparprogramms »Power8« kurzfristig abgesagt

Hamburg/Toulouse (dpa). Seit Wochen hatte sich Spannung aufgebaut: Heute wollte Airbus endlich die Details seines Sanierungsprogramms »Power8« veröffentlichen und damit Ruhe in eine brodelnde Gerüchteküche mit immer neuen Spekulationen, Drohgebärden und Vermutungen bringen. Doch 24 Stunden vor dem Termin zuckte Airbus-Chef Louis Gallois zurück und blies die Veröffentlichung vorläufig ab.

Als Begründung führte Airbus an, es müsse über die länderübergreifende Aufteilung der industriellen Arbeitspakete für das geplante neue Langstreckenflugzeug A350 XWB noch weiter beraten werden. Ursprünglich wollte Airbus sowohl die Arbeitnehmervertreter als auch die Öffentlichkeit heute über »Power8« unterrichten.
Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) bewertete die kurzfristige Verschiebung positiv. Sie sei ein Signal dafür, dass Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehe, sagte Wulff in Hannover. Ein Konzept zur langfristigen Sicherung des Luftfahrtstandortes Deutschland sei besser als ein Schnellschuss. »Es muss zu einer Gesamtlösung kommen,« sagte der Ministerpräsident. Betriebsräte zeigten sich von der Absage des Termins überrascht. Die Mitteilung sei völlig unerwartet gekommen, hieß es in den Werken in Bremen und im niedersächsischen Stade. Einen Kommentar zu dem Vorgang gab es nicht.
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hat Verständnis für die Verzögerung des Airbus-Sanierungsprogramms »Power8« geäußert. Er begrüße ein vorsichtiges Vorgehen, bei dem die Betroffenen einbezogen würden, sagte Glos. »Man muss die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und der einzelnen Produktionsstandorte langfristig im Auge haben.«
Airbus-Chef Louis Gallois unterstrich die Notwendigkeit einer schnellen Lösung, die nationale Fragen überwinde. »Ich habe Vorschläge vorgelegt, die ich aus industrieller wie auch aus technologischer Sicht für ausgewogen halte und die unserem Ziel der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit dienen.«
Gallois äußerte die Hoffnung, dass »der dringend benötigte Konsens« erreicht werden könne. »Airbus kann die Umsetzung von ÝPower8Ü nicht länger aufschieben. Natürlich wollen die Mitarbeiter endlich erfahren, wie sich die Zukunft ihres Unternehmens in Verbindung mit ihrer eigenen Zukunft gestalten wird.«
EADS ringt nach Worten von Co-Chef Tom Enders noch um die beste Lösung für Airbus. Aktionäre und Mitarbeiter erwarteten die langfristige Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit, sagte Enders in München. »Wir müssen dieses Ziel erreichen und gleichzeitig die entstehenden Lasten aber auch Zukunftschancen und Kompetenzen fair verteilen.« Darum gehe es bei »Power 8«.
Airbus war durch Produktionsverzögerungen beim weltgrößten Passagierflugzeug A380 in die Krise geraten. Mit »Power8« will der europäische Flugzeugbauer nun in den kommenden Jahren Kosten in Milliardenhöhe einsparen. Dabei sollen die Verwaltungskosten um 30 Prozent sinken sowie die Fertigung gestrafft und rationaler auf die Werke verteilt werden. Ein größerer Teil der Produktion als bisher soll an Firmen außerhalb des Konzerns gehen, Werke möglicherweise an Investoren abgegeben werden. Gallois hatte dazu erklärt: »Wir säubern klar das Terrain und bereiten eine neue Airbus vor.«
Unklar ist weiterhin, welche Airbus-Werke in welchem Ausmaß betroffen sein werden. Vor allem die deutsche und die französische Seite achten gegenseitig darauf, dass die nationalen Interessen gleichgewichtig gewahrt bleiben. Die deutschen Gewerkschaften befürchten, dass allein hier zu Lande bis zu 8000 Arbeitsplätzen zur Disposition stünden und Werke gefährdet seien. S.4 Kommentar

Artikel vom 20.02.2007