21.02.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Sigmar Gabriel

»Wir sind uns unserer historischen Verantwortung beim Klima bewusst.«

Leitartikel
Klimaschutz in Europa

Rechnung
geht leider
nicht auf


Von Wolfgang Schäffer
Das Ziel ist seit gestern klar definiert. Bis 2020 will die Europäische Union den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen um 20 Prozent reduzieren. Das soll dazu führen, der globalen Erderwärmung so weit wie möglich Einhalt zu gebieten.
So weit, so gut. Doch die Rechnung der Damen und Herren EU-Politiker dürfte trotz aller hehren Anstrengungen vermutlich nicht aufgehen. Die neue Sensibilität für den Klimaschutz in allen Ehren: Da etwa 40 Prozent des Kohlendioxids, das Jahr für Jahr die Atmosphäre vergiftet, allein in den USA und China erzeugt werden, bleiben die Bemühungen unterm Strich ohne den erhofften Erfolg.
Aufgrund der explosionsartig wachsenden Industrie und der drastisch zunehmenden Zahl von motorisierten Fahrzeugen dürfte China zudem schon in Kürze den fragwürdigen Spitzenplatz als Hauptverursacher des »Klimakillers« CO2 mit neuen Rekordmarken von den USA übernehmen. Trotz aller Versprechungen und Ankündigungen sind im Reich der Mitte keine Maßnahmen zu erkennen, diesen Trend zu stoppen. Eher im Gegenteil.
Diese Erkenntnisse dürfen uns alle aber nicht davon abbringen, das Problem vernünftig anzugehen. Die Betonung liegt dabei auf vernünftig. Denn vieles von dem, was selbsternannte Fachleute in den vergangenen Tagen zu dieser Thematik gesagt haben, ist blanker Unsinn. Allein die Tatsache, dass sich die Diskussion fast ausschließlich an den Autos festmacht, ist ein Hohn. Wer spricht von überalterten Heizungsanlagen, wer von Kraftwerken, wer von der Industrie, wer vom Schwerlastverkehr? Der Anteil des Individualverkehrs am Kohlendioxid-Ausstoß beträgt nicht mehr als 16 Prozent.
Dann auch noch den Hybrid-Antrieb als Allheilmittel anzupreisen, wie es die ehemalige Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) immer wieder macht, zeugt von großer Unwissenheit. Hybrid- oder in Zukunft vielleicht auch neu zu konzipierende Elektro-Systeme haben ohne jeden Zweifel in den Innenstädten die besten Karten. Schließlich gewinnen sie beim Bremsen immer wieder Energie, die anschließend für den Antrieb zu nutzen ist. Auf der langen Strecke verbrauchen Hybrid-Fahrzeuge wegen des Mehrgewichts mehr Kraftstoff. Hier spielt der Diesel seine Trümpfe aus. Und auch die neuen Benzin-Technologien haben noch viel Potential.
Es ist richtig, schadstoffarme Fahrzeuge steuerlich besser zu stellen und Fahrer von Dreckschleudern entsprechend zur Kasse zu bitten. Doch bitte mit Augenmaß. Familien benötigen nun einmal halt größere Autos. Und die verbrauchen halt mehr.
Just die Bundesbeamten und Politiker aber, die über diese Dinge entscheiden, setzen sich nach wie vor Woche für Woche in Flugzeuge, um zwischen Bonn und Berlin zu pendeln. Wer bitte spricht bei diesen Flügen von Klimaschutz? Über dieses Thema schweigt Renate Künast ebenso wie Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee oder Umweltminister Sigmar Gabriel.

Artikel vom 21.02.2007