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Jury hat nun das letzte Wort

Jiri Menzels Film mit Julia Jentsch gehört zu den Bären-Favoriten

Von Elke Vogel
Berlin (dpa). Jetzt hat die Berlinale-Jury die Qual der Wahl. Viele Stars und wenige, späte Bären-Favoriten. Das ist die Bilanz der 57. Internationalen Filmfestspiele, die an diesem Sonntag mit der Verleihung des Goldenen Bären zu Ende gehen.

Einen Tag vor der großen Entscheidung konnte das Festivalpublikum am Freitag endlich seinen dritten Bären-Kandidaten küren. Der tschechische Regisseur Jiri Menzel, der vor 17 Jahren bereits mit »Lerchen am Faden« den Goldenen Bären gewann, riss die Zuschauer nochmal aus ihrer Festivalmüdigkeit. Mit »Ich habe den englischen König bedient« zeigte er eine kongeniale Verfilmung des tragikomischen Schelmen-Romans des tschechischen Schriftstellers Bohumil Hrabal (1914-1997).
In bester Schwejk-Manier verkörpert der Bulgare Ivan Barnev darin einen kleinen Kellner aus Böhmen, der sich in der Zeit der deutschen Besatzung auf aberwitzige Weise seinen Traum vom eigenen Hotel erfüllt. Julia Jentsch, Bären-Gewinnern aus dem Jahr 2005 (»Sophie Scholl«), spielt seine sudetendeutsche Frau. Farbig, gewitzt und voller schöner Regie-Einfälle vom Stummfilm-Slapstick bis zu poetischen und nachdenklichen Momenten erzählt Oscar-Preisträger Menzel (»Liebe nach Fahrplan«) vom Weg des Kellners zwischen Kollaboration, Geldgier, Anpassung und echter Liebe. Barnev gilt neben dem Österreicher Karl Markovics aus dem deutschen Wettbewerbsbeitrag »Die Fälscher« von Stefan Ruzowitzky als Anwärter auf den Preis als bester Schauspieler.
Zwei weitere Filme stechen aus den 22 Wettbewerbsbeiträgen heraus, die in diesem Jahr insgesamt eher Durchschnitt waren. Hoch gehandelt wird der witzige und berührende Film »Irina Palm« mit Marianne Faithfull. Die britische Sängerin und Schauspielerin zählt nach dieser Leistung zu den Anwärterinnen auf einen Darstellerpreis, ebenso wie die Französin Marion Cotillard für ihre fulminante Edith Piaf in Olivier Dahans »La Vie en Rose«. In der Gunst von Publikum und Kritik liegt außerdem Robert De Niros CIA-Thriller »Der gute Hirte« mit Matt Damon in der Hauptrolle ganz vorn. Über die drei Favoriten hinaus hat vielleicht noch Cao Hamburgers Film »Das Jahr als meine Eltern im Urlaub waren« über die brasilianische Militärdiktatur aus der Sicht eines kleinen Jungen Chancen.
Die Deutschen, dieses Mal nur mit zwei Beiträgen vertreten, machten eine recht gute Figur im Wettbewerb. Viel Zustimmung gab es für Ruzowitzkys »Die Fälscher« über eine von den Nazis im KZ Sachsenhausen eingerichtete Fälscherwerkstatt. Christian Petzolds »Yella« mit Nina Hoss und Devid Striesow kam vor allem bei der einheimischen Kritik gut an, viele ausländische Zuschauer konnten sich dagegen nicht in die kalt und schmerzvoll komponierten Seelenlandschaften einfühlen.
Bereits jetzt steht fest: So viele Hollywoodgrößen hat die Berlinale seit Jahren nicht mehr auf dem roten Teppich gesehen. Jennifer Lopez, Sharon Stone, Lauren Bacall, Antonio Banderas, Cate Blanchett, Robert De Niro, Matt Damon und Joseph Fiennes sorgten für Glanz. Mittlerweile scheinen sich die Stars schon fast zu Hause in Berlin zu fühlen. Auf der Benefizgala »Cinema for Peace« traten Größen wie Richard Gere oder Catherine Deneuve auf, als sei die deutsche Hauptstadt ein zweites Wohnzimmer für sie.

Artikel vom 17.02.2007