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Länderkammer stimmt
ganz ohne Zucken zu

Gesundheitsreform - Viele Änderungen für Patienten

Berlin (WB/rb). Diesmal war alles anders. Kein Widerstand, kein CSU-Chef, der urplötzlich die mühsam ausgehandelte Gesundheitsreform in Frage stellt. Und kein neu entflammter Streit zwischen Union und SPD. Nach unspektakulärer Schlussdebatte billigte am Freitag auch der Bundesrat das größte Projekt der großen Koalition - ganz ohne zu zucken.
Sollte Bundespräsident Horst Köhler keine Einwände anmelden, kann die Reform damit wie geplant zum 1. April starten. Nur die Verbände begleiteten den Tag mit ihren sattsam bekannten Thesen, vonden gesetzlichen Kassen wurden neue Milliardenüberschüsse gemeldet und wie zur Bestätigung für die neue Sparsamkeit setzte die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe mit Ankündigung von 50 möglichen Kündigungen erste Zeichen der Zeit.
Für die Versicherten selbst gibt es zunächst keine spürbaren Änderungen. Ausgeweitet werden die Leistungen bei Impfungen, Eltern- Kind-Kuren, Reha-Behandlungen für alte Menschen und bei der Betreuung Schwerstkranker und Sterbender in den eigenen vier Wänden.
Zudem können Kassen neue Wahltarife anbieten - etwa Tarife mit Selbstbehalt oder solche, in deren Rahmen auch homöopathische Arzneimittel bezahlt werden. Wer Vorsorgeuntersuchungen versäumt und später schwer krank wird, muss mehr zuzahlen. Komplikationen nach Piercings werden nicht mehr bezahlt. Kliniken werden für ambulante Behandlungen geöffnet.
Entscheidende Maßzahl für die Qualität der Reform wird die Beitragsentwicklung sein. Zu Jahresbeginn stiegen die Sätze um 0,6 Punkte. Die Kassen begründeten dies auch mit der Reform - was das Ministerium zurückwies. Wenn 2009 der Gesundheitsfonds startet, gilt bundesweit ein einheitlicher Beitragssatz, den der Bund festlegt. Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen ein, Kassen erhalten für jeden Versicherten einen einheitlichen Betrag. Kassen mit vielen Kranken bekommen zudem Geld von anderen Kassen. Reicht einer Kasse das Geld nicht, kann sie einen begrenzten Zusatzbeitrag von ihren Versicherten fordern.
Und was ändert sich die Privatversicherten? Zunächst nichts. Erst 2009 müssen Privatkassen einen Basistarif anbieten, der im Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) entspricht. Der Zugang ist beschränkt. Ehemals Privatversicherte ohne Schutz muss die PKV vom 1. Juli 2007 an aufnehmen - ohne Gesundheitsprüfung und Risikozuschläge. Weil der Basistarif nach Ansicht der Privatkassen nicht Kosten deckend ist, warnen diese vor Beitragserhöhungen für Bestandskunden. Für Gutverdiener wird ein Wechsel aus der GKV in die PKV erschwert.
Weitere Änderungen:
- Der Rabatt, den Apotheker den Kassen pro Medikament gewähren müssen, steigt von 2,00 auf 2,30 Euro. Vor der Verordnung teurer Medikamente muss ein zweiter Arzt befragt werden.
- 2011 kommt eine neue Vergütung mit festen Euro-Preisen. Ärzte in »unterversorgten« Gebieten bekommen schon vorher Zuschläge.
- Kassenfusionen werden erleichtert. Bis Ende 2008 müssen sämtliche gesetzlichen Kassen entschuldet sein.
- Das Einsparvolumen liegt 2007 bei 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro. Der Bundeszuschuss für die gesetzlichen Kassen steigt in den kommenden Jahren schrittweise auf 14 Milliarden Euro. Kommentar

Artikel vom 17.02.2007