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Schokolade ist eine Sünde wert

Stimmungsaufheller und Lustgetränk - in der »Villa Bozi« edel serviert

Bielefeld (bp). Die spanischen Konquistadoren brachten den Kakao nach Europa, und als 1615 die spanische Prinzessin Anne mit Ludwig XIII. verheiratet wurde, hatte die 14-Jährige ein ein exotisches Getränk im Gepäck, das von Versailles aus die Aristokratie eroberte. Nur die vornehmsten und reichsten Kreise kamen in den Genuss der »Chocolade«, denn »Kakao war teurer als Kaffee und Tee«, sagt Susanne Träris, Direktorin des Meißener Porzellanmuseums.

Die Erfindung des Porzellans in Europa und der Siegeszug der Schokolade fielen zeitlich ungefähr zusammen. So habe es nahegelegen, dass die Porzellanmanufaktur Meißen passende Tassen und Kannen zur heißen Schokolade entwickelte, meinte Susanne Träris, die in der »Villa Bozi« vor großem Publikum über das »Lustgetränk« sprach. Aufwändig bemalte Kannen, beispielsweise mit einem Griff und einen Quirl, mit dem man die Schokolade aufschlagen konnte, entstanden um 1730 und sind immer noch zu haben, wie Cornelia Delius, die außer Meißner Porzellan auch Schokolade verkaufte, versicherte. Ebenso wie handgerührte Schokolade im Café der »Villa Bozi«. Schokolade sei eine Sünde wert, meinte die Bielefelderin. Und Susanne Träris ergänzte: »Obendrein ist Schokolade gesund, schützt das Herz - und macht glücklich.«
Vermutlich auch die vornehmen Damen, an deren Ruhelager die Dienerschaft morgens eine Tasse Kakao trug. Damit die Köstlichkeit zwischen Küche und Schlafgemach auch schön heiß blieb, entwickelte man in Meißen eine Tasse, die von einem Porzellan-Gitterwerk auf der Untertasse fixiert wurde und die man mit einem Deckel schließen konnte. »Schokolade ist das erste Getränke, das sich auch zum oder als Frühstück durchgesetzt hat«, berichtete Susanne Träris.
Heutzutage setzen Filme wie »Chocolat«, »Bridget Jones - Schokolade zum Frühstück« und »Charlie und die Schokoladenfabrik« dem Kakao ein Denkmal. Anno dazumal tat dies der Maler Jean-Etienne Liotard, der 1744 das »Schokoladenmädchen« malte. Ein Bild von einer Tasse, fanden die Porzellanmacher in Meißen und stellten exakt die Schokoladentasse her, die jenes Mädchen zu seiner Herrschaft trägt. »Diese Tasse ist limitiert, es gibt sie nur 300-mal«, sagte Susanne Träris. Die Tasse habe die hohen Wände, die dazu beitragen, den Inhalt frisch und heiß zu halten.
Erst im 19. Jahrhundert wurde aus dem Getränk Schokolade. Schokolade, die man essen kann: Rodolphe Lindt entwickelte das »Cochieren« - und seitdem gibt es Pralinen und Schokoladentafeln. Für Cornelia Delius ist Schokolade ein Stimmungsaufheller. Dass andere das auch so sehen, beweise der Zuspruch, den ihr »Schokoladen-Abonnement« findet: »Regelmäßige Zustellung auf Wunsch.«

Artikel vom 19.02.2007