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Virtuos am Altsaxophon

Ornette Coleman und Musiker begeisterten in Essen

Essen (dpa). Jazz-Altmeister Ornette Coleman hat sein Publikum in Essen am Mittwochabend begeistert.

Beim einzigen Deutschland-Konzert der aktuellen Tour trat der 76-Jährige mit dem deutschen Pianisten Joachim Kühn und den drei Co-Musikern seines Quartetts in der Philharmonie auf. Coleman und seine Kollegen überzeugten mit frischem und unverbrauchtem Free Jazz. Besonders der Star des Abends selbst zeigte mit seinem druckvollen Spiel Virtuosität am Altsaxophon. Schöne Blüten treibt sein Jazz, auch wenn einige der Stücke schon fünfzig Jahre alt sind. Nur wenn sich Coleman besonders langsam mit seinem Bassisten Tony Falanga bespricht, merkt der Zuhörer, dass hier ein fast 77-Jähriger die Philharmonie »swingen« lässt.
Und das durchaus mit einem Schuss Humor - etwa, wenn Falanga am Kontrabass mit einem Stück beginnt, das sonst von klassischen Cellisten in der Philharmonie gespielt wird, dem ersten Satz der Cello-Suiten von Johann Sebastian Bach. Coleman und Quartett nehmen das Stück dann dynamisch Stück für Stück auseinander. Dabei erreicht besonders der Sohn Denardo am Schlagzeug ein hohes Tempo, das mühelos vom 76-Jährigen mitgehalten und in präzisen Soli begleitet wird.
Beim Free Jazz von Coleman & Co. kann jedoch eigentlich nicht von einzelnen Solo-Einlagen der Musiker gesprochen werden. Jazzkritiker betonen, eine besondere Leistung des Free Jazz sei, dass nicht mehr ein Bandleader alleine im Vordergrund stehe, sondern jeder Musiker sich entfalten könne. 1961 versetzte Coleman mit dem Album »Free Jazz« die Fachwelt in Aufruhr - so konsequent hatte noch niemand die klassischen Jazzformen auseinander genommen.
Mit seinem aktuellen Album »Sound Grammar« (zu deutsch etwa: Klang-Grammatik) hat Coleman das erste seit mehr als einem Jahrzehnt veröffentlicht. Mit der CD war er auch für einen Grammy nominiert, der aber an seinen Kollegen Chick Corea ging. Trotzdem, einen hat er am Sonntag ergattern können, den für sein Lebenswerk auch wenn das offenbar noch lange nicht vollendet ist.

Artikel vom 16.02.2007