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Theater im Klassenzimmer

Problem »Mobbing« schauspielerisch die Stirn bieten

Von Peter Monke (Text und Foto)
Sennestadt (WB). In der Klasse 7b der Comeniussschule herrscht große Aufregung. Mitten in der ersten Stunde stürzt ein kunterbunt gekleidetes Mädchen mit Teddybär-Mütze in den Raum. Sie heißt Phan, schwitzt, atmet schwer und sucht Schutz im Kreise der Schüler, denn Fiesling Mob ist hinter ihr her.
Dirk Wittke (r.) und Ines Bollmeyer (l.) haben auf Einladung von Schulsozialarbeiterin Eva Heselhaus (5.v.l.) der Klasse 7b beigebracht, wie man dem Problem »Mobbing« richtig begegnet. Zur 7b gehören: Referendarin Silke Müller, Benjamin (12), Jessica (13), Robin (14), Tuba (14), Klassenlehrerin Daniela Büren und Meryem (14, v.l.).

Hinter Phan und Mob verstecken sich Ines Bollmeyer und Dirk Wittke. Mit ihrem Stück »Schattenkrieger« sind die Theaterpädagogen des Bielefelder Pisak-Theaters seit gut einem Jahr in Schulklassen unterwegs. Ziel ihrer Arbeit ist es, die Auseinandersetzung mit dem Thema »Mobbing« unter den Schülern zu fördern.
Mob - das sagt schon der Name - ist einer dieser fiesen Zeitgenossen, die gerne zu körperlicher und vor allem verbaler Gewalt greifen. Verträumte Mädchen wie Phan, die in ihrer eigenen Phantasiewelt leben und keine Freunde haben, sind für ihn dankbare Opfer. Er lauert ihnen auf, klaut ihnen die Mütze, schubst sie herum oder macht sie mit seiner coolen Gang vor anderen Kindern lächerlich.
»Erfahrungen dieser Art machen heute fast alle Jugendlichen«, sagt Bollmeyer. Bei den Comeniusschülern ist der Fall jedoch besonders gelagert: »In der Schule selbst haben wir keine Mobbing-Probleme, aber von außen wird die Förderschule häufig stigmatisiert«, sagt Daniela Büren, Klassenlehrerin der 7b. Jugendliche anderer Schulen würden die Comeniusschüler oft hänseln, da reiche es schon, morgens an der Bushaltestelle der Förderschule auszusteigen.
Mit dem Stück »Schattenkrieger« wollen Bollmeyer und Wittke die Reflexion über Mobbing anstoßen, Lösungswege aufzeigen und Selbstvertrauen aufbauen. Deshalb sind die Schüler stark ins Geschehen eingebunden. »Während des Stückes müssen sie sich oft entscheiden: Schlagen sie sich auf die Seite von Mob und lachen über seine bösen Witze, oder werden sie zur Schutzmauer für die verfolgte Phan«, sagt Wittke. Gemeinsam werden alternative Szenen entwickelt und gespielt. Was würde zum Beispiel passieren, wenn Mobs komplette Gang plötzlich auftaucht?
Immer wieder wird das Geschehen »eingefroren«. Die Schüler müssen fröhliche, ängstliche oder coole Posen einnehmen und halten. Es gilt, heikle Fragen zu beantworten: Dürfen Jungen weinen? Darf man petzen? - Ja? Nein? Vielleicht? Für jede Antwort gibt es ein extra markiertes Feld in der Klasse, auf das sich die Schüler nur zu stellen brauchen.
»Unser Stück erfordert den Mut, sich zu öffnen. Wir merken aber immer wieder, dass der Redebedarf enorm hoch ist, wenn das Eis des Schweigens erstmal gebrochen ist«, sagt Bollmeier. Mit der Resonanz aus Klasse 7b sind die Theaterpädagogen hoch zufrieden. »Ihr habt super mitgemacht und auch in schwierigen Situationen toll reagiert«, lobt Wittke.
Fiesling Mob entpuppt sich am Ende übrigens als verletzlicher Schwächling. Die Botschaft des Stückes lautet, dass Phan und Mob sich eigentlich sehr ähnlich sind. Beide haben keine echten Freunde und leiden an Einsamkeit, gehen nur sehr unterschiedlich mit diesem Problem um. Phan zieht sich in eine Phantasiewelt zurück, während Mob den coolen Draufgänger mimt.

Artikel vom 16.02.2007