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Stets am Nerv
des Publikums

Heinrich Breloer wird morgen 65

Von Jürgen Hein
ARD, 23.44 Uhr: Andere setzen sich mit 65 zur Ruhe -Ê Heinrich Breloer wagt noch einmal etwas Neues. Mit Doku-Dramen wurde er berühmt, nun dreht er seinen ersten Spielfilm.
Weitermachen: Autor und Regisseur Heinrich Breloer.

»Das Buddenbrook-Haus steht als Modell in meinem Kölner Büro«, sagt Breloer. Im Herbst beginnt er mit der Verfilmung des Thomas-Mann-Romans. Und auch für die Zeit danach denkt Breloer, der morgen 65 Jahre alt wird, noch lange nicht ans Aufhören: »Neue Herausforderungen sind belebend. Dass ich weiterarbeiten kann, das ist eine Lebensversicherung.«
Erinnern und verstehen - diesen Herausforderungen hat sich Breloer in mehr als 30 Filmen gewidmet. In »Kampfname Willy Brandt« (1987) porträtierte er den Ex-Bundeskanzler, in »Die Staatskanzlei« (1989) leuchtete er die Barschel-Affäre aus, im »Todesspiel« (1997) arbeitete er den RAF-Terror auf. Heute wiederholt die ARD den Zweiteiler »Wegner - die unerzählte Geschichte«.
Wie oft bei erfolgreichen Künstlern trifft Breloer mit seinen Themen einen Nerv beim Publikum. Die Recherchen, die Interviews und das Schreiben des Drehbuchs dienen Breloer zunächst dazu, sich selbst zu erinnern. Ob er seine Zeit im katholischen Internat der 50er Jahre wachruft (»Eine geschlossene Gesellschaft«, 1987) oder der Vätergeneration die Frage stellt, ob sie Mitläufer oder Mittäter waren bei den Nazis (»Speer und Er«, 2005) - Breloer sucht die Antworten nicht nur für sich, sondern zugleich für das Publikum.
Er wuchs in Marl auf, studierte Literaturwissenschaft und Philosophie und lebt heute in Köln. Seit 35 Jahren arbeitet er als Autor und Regisseur. Für die Themen, die ihn fesseln, entwickelte er mit Horst Königstein das Doku-Drama. Breloer ist für seine Filme mit Preisen überhäuft worden, für »Die Manns« bekam er den begehrten US- Preis »Emmy«. Da läge es nahe, beim Bewährten zu bleiben. Aber bei seinem neuesten Werk wird es keine Originalaufnahmen geben und keine Interviews, und es geht nicht um Fakten, sondern um Fiktion. Breloer verfilmt einen Roman, und das auch noch fürs Kino - erst später kommen die »Buddenbrooks« in einer eigenen Fassung ins Fernsehen.

Artikel vom 16.02.2007