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Expressives ging
unter die Haut

Gutes Ubbedisser Montagskonzert


Von Gustav-Adolf Lent
Bielefeld (WB). Wer erleben möchte, wie in einem geistlichen Konzert, das überwiegend unbekannte französische Komponisten des Expressionismus und der Moderne ausweist, die Programmzettel ausgehen, dem seien die anspruchsvollen Ubbedisser Montagskonzerte empfohlen. Seit Barbara Grohmann-Kraaz für die Kirchenmusik in der Gemeinde zuständig ist, entwickelt sich die evangelische Kirche zu einem Ort hochrangig besetzter Musikdarbietungen.
So präsentierte sich beim zwölften Montagskonzert das in der Region bekannte Vokalensemble »Canta Filia« mit einem geistlichen Programm, in dessen Mittelpunkt die »Messe zu drei Stimmen« des hier kaum bekannten André Caplet (1878-1925) stand. Die acht ausgebildeten Sängerinnen Elisabeth Schnippe, Gesa Schuddeboom, Felicitas Jacobsen, Petra von Laer, Eva Thalmann, Sandra Botor, Miriam Bonefeld und nicht zuletzt die Gründerin und künstlerische Leiterin Barbara Grohmann verfügen über eine enorme Bandbreite gesanglicher und künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten. Diese erlauben ihnen, die zum Teil herben melodischen Reibungen und expressiven Ausbrüche in der 1919 entstandenen A-capella-Messe nicht nur hörbar, sondern für die Zuhörer unter die Haut gehend, fühlbar zu gestalten. Caplet, Dirigent der Bostoner Oper, verlangt den virtuos geführten Stimmen ein Höchstmaß an Klanggestaltung und expressiver Nuancierung ab.
Als hochmotiviertes und hervorragend geschultes Ensemble wurde »Canta Filia« auch dem künstlerischen Anspruch der folgenden Werke »Litanies à la Vierge Noir« und »Ave verum« aus der Oper »Dialogues des Carmelites« von Francis Poulenc gerecht. Holzschnittartig und teilweise von starken Orgelakzenten ergänzt, wurde die Anbetung der Heiligen Jungfrau melodiös und hörgefällig ausgedeutet, während die Vertonung des Nelly-Sachs-Gedichtes »Immer dort wo Kinder sterben« durch den Komponisten Matthias Schlothfeld mit seinen atonalen Stilmitteln für die Ohren arg gewöhnungsbedürftig war. Schlothfeld schrieb dieses expressive und schwer zu singende Opus für »Canta Filia«, die hier mit der stark beeindruckenden Ausdeutung auch zu einem hervorragenden Botschafter zeitgenössischer Musik avancierten.
Als Kontrast zum vokalen Programm spielte die Herforder Organistin Han Kyoung Park aus der »Messe im zweiten Ton« von André Raison (1648-1719). Die Organistin leuchtete seine farbenfrohen Kompositionen mit häufigen Registerwechseln und Echowirkungen adäquat aus, deutete ein »Prélude« von Gabriel Pierne klanglich attraktiv und beendete ihr Soloprogramm mit dem gregorianisch gefärbten »Postlude« op. 21 des früh verstorbenen Jehan Alain. Das beeindruckte Publikum bedankte sich mit Riesenbeifall und Blumen.

Artikel vom 16.02.2007