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Wenn Eltern als vertraute Ratgeber ausfallen

Vennhofschule: Ärztin bietet Sprechstunde für Gesundheitsfragen und bei privaten Problemen

Von Peter Monke (Text und Fotos)
Sennestadt (WB). Seit einem halben Jahr öffnet Dr. Maike Klein an der Vennhofschule zwei Mal im Monat für zwei Stunden ihre »Praxis«. In dieser Zeit berät die Kinder- und Jugendärztin des Bielefelder Gesundheitsamtes die Schüler bei allen Fragen rund um Gesundheit, Ernährung, Wachstum und Pubertät sowie bei privaten Problemen.

Die erste Zwischenbilanz fällt überaus positiv aus: »Die Sprechstunden sind von Beginn an rappelvoll gewesen. Es hat sich gelohnt, dass wir drei Jahre für ein solches Angebot gekämpft haben«, sagt Schulleiterin Annette Bondzio-Abbit. Erfahrungsgemäß würden viele Jugendliche den Weg zum Hausarzt scheuen. Die schulärztliche Sprechstunde sei da eine bequeme Alternative, bei der man auch mal spontan vorbeischauen und die so zumindest einen Teil der Defizite auffangen könne.
Vor allem ältere Schüler schätzen die Möglichkeit, allein mit Dr. Maike Klein sprechen zu können: »Wenn es zum Beispiel um das heikle Thema Rauchen geht, ist es gut, wenn meine Mutter nicht dabei ist«, sagt Ferhat Akdeniz aus der Klasse 9a. Eltern würden bei Fehlverhalten zu schnell Verbote oder Strafen - wie eine Kürzung des Taschengeldes - aussprechen. »Die Schulärztin gibt uns stattdessen Tipps, wie wir unser Verhalten ändern können, oder was besser für uns wäre, ohne Vorschriften zu machen.«
Ziel jeder Beratung ist es, die Eigenverantwortlichkeit der Jugendlichen zu stärken. »Was jeder einzelne aus den Ratschlägen macht, ist seine Sache«, sagt Klein. Ihre Arbeit habe stets auch präventiven Charakter. »Es geht darum, bei den Schülern ein Bewusstsein für den gesunden Umgang mit dem eigenen Körper zu wecken, damit zum Beispiel Krankheiten in Folge von Bewegungsmangel oder falscher Ernährung erst gar nicht auftreten.«
Dass viele Jugendliche eher bei ihr als bei ihren Eltern Ratschläge suchen, findet die Schulärztin nicht weiter ungewöhnlich: »In der Pubertät sind Konflikte zwischen Eltern und Kindern stark ausgeprägt. Meine Position als Vermittlerin ist da relativ dankbar. Wer mit Problemen zu mir kommt, muss keinen moralischen Daumen fürchten oder sich Sorgen machen, dass ich persönlich enttäuscht von ihm sein könnte.«
Besuch bekommt Dr. Maike Klein von Schülern aller Jahrgangsstufen - lediglich die Klassen sieben und acht sind etwas unterrepräsentiert. Die Fünft- und Sechstklässler interessieren sich dabei vor allem für ihr Wachstum: »Wie groß und schwer werde ich einmal werden?« oder »Habe ich mich bisher normal entwickelt?« sind Fragen, die von der Schulärztin oft beantwortet werden müssen. Ab Klasse sieben drehen sich die meisten Gespräche dann rund um Probleme der Pubertät. Später kommen auch Fragen zur richtigen Verhütung oder zum Konsum von Zigaretten hinzu.
Themen, die sich bei der Beratung als besonders wichtig herausstellen, sollen künftig von Einzelklassen in Projekten aufgearbeitet werden. Den Anfang macht im Mai die Klasse 6b, die sich in Kooperation mit der Diätschule am Johannesstift um gesunde Ernährung kümmern wird. Für die achten Klassen ist ein Projekt zum Thema Impfen geplant, die Schüler wünschen sich außerdem eine Veranstaltung über das Problem des Rauchens. Im Sommer soll die ganze Schule zusätzlich einem Fitness-Check unterzogen werden - mit Übungen zur Kondition, Koordination, Motorik sowie zur Belastbarkeit von Bändern und Gelenken.
»Wenn wir dort zum Beispiel feststellen, dass viele Schüler übergewichtig sind, können wir mit unserem Unterrichtsangebot darauf reagieren«, sagt Bondzio-Abbit. Im Biologie-Unterricht sei eine stärkere Konzentration auf das Thema Ernährung denkbar, neue Wahlpflichtkurse im Fach Sport könnten eingerichtet werden. »Außerdem arbeiten wir kontinuierlich an einer gesunden Verbesserung des Nahrungsangebotes in unserem Kiosk und im Pausencafé. Was die Kinder in ihren Projekten lernen, sollen sie bei uns schließlich auch umsetzen können. Den Anspruch, eine gesundheitsfördernde Schule zu sein, nehmen wir sehr ernst.«

Artikel vom 14.02.2007