14.02.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Als Johanniter wird's nie langweilig«

Ralf Krohn (65) berichtet im Brackweder Erzählcafé aus seinem Leben

Brackwede (ptr). Gäbe es eine Wahl zum »Mister Johanniter«, käme Ralf Krohn sicherlich in die ganz enge Kandidatenauswahl. Seit mittlerweile 46 Jahren engagiert sich der gelernte Radio- und Fernsehtechniker sowie Elektro-Installateur-Meister ehrenamtlich für die Unfallhilfe. Von Erlebnissen in dieser Zeit berichtete der 65-Jährige im Brackweder Erzählcafé.

Dass Ralf Krohn ein so engagierter Helfer geworden ist, liegt vielleicht daran, dass er es als Kind nie besonders einfach hatte. Als waschechter Ostwestfale 1942 in Lübbecke geboren, wuchs er während und unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg auf. Seine Eltern ließen sich früh scheiden. »Für meine Mutter war es damals kein Zuckerschlecken, allein erziehend zu sein, aber lang genug hat sie mich ja gekriegt«, sagt Krohn.
In der Schule musste »der Lange« immer hinten sitzen - mit der Folge, dass seine Leistungen von Klasse zu Klasse nachließen, bis er letztlich eine Ehrenrunde drehen musste. Krohns neuer Lehrer erkannte, dass der Junge schlechte Augen hatte und deshalb die Tafel nicht richtig sehen konnte. »Ich wurde nach vorne gesetzt, bekam eine Brille und habe letztlich doch eine guten Abschluss geschafft.«
Auf die Johanniter wurde Krohn während der Lehre aufmerksam. »Bei der Arbeit ist einmal ein schwerer Unfall passiert und keiner der Anwesenden konnte helfen. Daraufhin habe ich mit einem Erste-Hilfe-Kurs angefangen und bin anschließend bei den Johannitern hängen geblieben.«
Schnell folgte die Ausbildung zum Ausbilder und in der Bundeswehrzeit 1964 wurde Krohn zum ersten Auslandseinsatz gerufen. Während der Sommerferien galt es, die Ferienkinder der Inneren Mission auf der Insel Ameland zu versorgen. »In sechs Wochen waren das 3000 Kinder, die in Doppelstockbetten in den frisch gereinigten Kuhställen von 26 Bauernhöfen quer über die Insel verteilt untergebracht waren.«
Auf ganz Ameland habe es damals nur einen Arzt gegeben, der zugleich Zahnarzt, Tierarzt und Apotheker in Personalunion gewesen sei. »Langweilig wurde es da nie: Mal hatte ein Kind Ziegenpeter, dann wieder hatten Betreuer einem Jungen eine Dosis Baldrian verabreicht, die eigentlich in einem Liter Wasser hätte aufgelöst werden müssen. 24 Stunden hat der durchgeschlafen.« Das gute an diesen Ferienlagern sei jedoch gewesen, dass man innerhalb weniger Wochen so viel gelernt habe, wie sonst nur in vielen Jahren.
Mit der Zeit übernahm Krohn bei den Johannitern immer höhere Posten. »Wer einmal bei der Arbeit erwischt wird, bekommt halt immer mehr dazu.« Er wurde Gruppen-, Zug- und Bereitschaftsführer, machte den Führerschein für Krankentransporte, ließ sich an der Krankenpflegeschule Bethel weiterbilden und betätigte sich als Feldkoch. Zu seinen letzten großen Einsätzen gehören das Elbe-Hochwasser 2002 und die Fußball-WM in Deutschland 2006.
Mittlerweile hat sich Krohn aus der aktiven Arbeit zurückgezogen, »mein Wissen gebe ich aber gerne an die nächste Generation weiter«. Dafür bleibt ihm nun mehr Zeit zum Wandern - ein Hobby, dass anfangs ein Kompromiss zur Beschwichtigung seiner Frau war: »Als ich aufgrund der Dienste nur wenig Zeit für die Familie hatte, haben wir uns darauf verständigt, dass ich für jede ehrenamtliche Stunde einen Kilometer mit ihr wandern gehe.«

Artikel vom 14.02.2007