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Mord im Wahlfamilienhaus

Monika Deterings »Herzfrauen« ist ein Bielefeld-Krimi zu aktuellem Thema

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Wer Donna Leon-Krimis liest, meint sich in Venedig irgendwann wie in seiner eigenen Westentasche auszukennen, auch wenn er die Lagunenstadt selbst noch nie bereist hat. Wer die Krimis von Monika Detering liest, dem könnte das gleiche demnächst mit Bielefeld passieren.

»Herzfrauen« heißt ihr erster Bielefeld-Krimi, in dem sich die Autorin einem aktuellen Thema, den so genannten Schenkkreisen zuwendet. Dabei handelt es sich um Frauenzirkel, die unter esoterischem Deckmantel Freundschaft und Geld versprechen. Wer 5000 Euro und eine bestimmte Anzahl finanzkräftiger Mitstreiterinnen einbringt, dem werden 40 000 Euro offeriert. In Wahrheit wird nur abgezockt, denn das nach dem Schneeballprinzip funktionierende System bricht zwangsläufig zusammen, wenn keine neuen Frauen nachkommen. »Mir selbst wurde vor einigen Jahren mal solch ein Angebot unterbreitet«, erzählt die 64-Jährige, wie sie darauf kam, das Thema in einem Kriminalroman zu verarbeiten wie ihr überhaupt das Genre Krimi geeignet scheint, aktuelle Themen in fiktionaler Form zu verarbeiten.
So verwundert es nicht, wenn Monika Detering in »Herzfrauen« en passant die Gelegenheit nutzt, das Bielefelder Wahlfamilienhaus, in dem sie seit September vergangenen Jahres lebt, einem breiteren Publikum vorzustellen. Im Wahlfamilienhaus leben mehrere Generationen unter einem Dach. Familien, Paare und Alleinstehende teilen sich einen Gemeinschaftsraum, in dem gesellige Zusammenkünfte stattfinden. Neben der Autonomie, die jeder behält, haben sich die Vereinsmitglieder aber zur gegenseitigen Hilfe und Fürsorge verpflichtet.
Ausgerechnet im Umfeld des Wahlfamilienhauses häufen sich in Deterings Roman mysteriöse Todesfälle. Hauptkommissar Viktor Weinbrenner, der ebenfalls in dem Hause lebt, glaubt nicht an einen Zufall. Er beginnt zu ermitteln. Ebenso seine Mitbewohnerin Sybille Gott. Die Journalistin wittert in einem Artikel über Schenkkreise ihre große Chance. Plötzlich ergeben die Vorfälle einen Sinn. Viele Ungereimtheiten verdichten sich zu einem unheilvollen Bild. Und alle Spuren führen kreuz und quer durchs Bielefelder Stadtbild zu den Herzfrauen.
»Mir war es wichtig, mehrere Stränge am Ende zusammenfließen zu lassen«, sagt die Autorin, die zudem viel Fürsorge in die psychologische Zeichnung ihrer Personen legt. »Ich zeige, wie sich ein Mensch zu einem Mörder entwickelt, zeige seine Empfindungen«, erklärt die Krimiautorin. Umgekehrt ist ihr Kommissar ein melancholischer Typ mit Hang zu schönen Frauen. Weinbrenner wird auch in den folgenden Krimis - Nummer drei ist in der Mache - ermitteln. Und irgendwann vielleicht einmal so berühmt werden wie Brunetti, Wallander und wie sie nicht alle heißen.
Am heutigen Mittwoch stellt die Autorin ihr Werk im Gemeinschaftsraum des Wahlfamilienhauses, Tegeler Weg 2, vor. Die Lesung beginnt um 20 Uhr. Dazu serviert Monika Detering »Weinbrenners westfälisches Kartoffelsüppchen«. Gute Gelegenheit, um auf den Geschmack zu kommen . . .

Monika Detering: Herzfrauen, Gmeiner-Verlag, ISBN 978-3-89977-714-7, 9,90 Euro

Artikel vom 14.02.2007