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Entführte Deutsche im Irak
offenbar Mutter und Sohn

Seit einer Woche in der Hand von Geiselnehmern - schwerer Anschlag in Bagdad

Berlin (dpa). Im Irak sind zum dritten Mal deutsche Staatsbürger entführt worden. Bei den Opfern handelt es sich laut Medienberichten um eine Deutsch-Irakerin und ihren Sohn, der für das Außenministerium in Bagdad arbeitet.Die Ingenieure René Bräunlich und Thomas Nitzschke und die Archäologin Susanne Osthof waren deutsche Opfer von Entführungen.

Die beiden wurden offenbar bereits am vergangenen Dienstag aus ihrer Wohnung in der irakischen Hauptstadt von Bewaffneten verschleppt. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bestätigte das Verschwinden der zwei deutschen Staatsbürger. »Wir können nicht ausschließen, dass es sich um eine gewaltsame Entführung handelt«, erklärte er. Weitere Einzelheiten teilte er nicht mit.
Nach ARD-Angaben leben die beiden Verschleppten seit Jahrzehnten im Irak. Die Mutter habe familiäre Bindungen nach Berlin. Der Hintergrund der Entführung sei aber noch unklar. Nach Informationen des Berliner »Tagesspiegels« haben die Geiselnehmer gedroht, den erwachsenen Sohn zu erschießen. Der Vater, ein irakischer Arzt, sei zum Zeitpunkt des Überfalls nicht in der Wohnung gewesen. Als mögliche Hintermänner vermuteten deutsche Sicherheitskreise neben anderen Anhänger des früheren Diktators Saddam Hussein. Laut »Bild«-Zeitung geht die Bundesregierung von einem politischen Hintergrund aus.
Ein Außenamtssprecher wollte nicht dazu Stellung nehmen, ob es bereits Kontakt zu den Entführern gibt. Nach seinen Angaben halten sich etwa 100 Bundesbürger im Irak auf. Dazu gehören Firmenvertreter und deutsche Mitarbeiter von Sicherheitsfirmen. Die größte Gruppe der deutschen Staatsangehörigen befindet sich auf Grund familiärer Bindungen im Lande. Laut »Berliner Zeitung« haben die Geiselnehmer in der vergangenen Woche Kontakt mit einem Familienmitglied der Entührten in Berlin aufgenommen. Daraufhin habe auch das Auswärtige Amt von der Entführung erfahren.
Steinmeier erklärte: »Wir hoffen, dass das Ganze einen guten Ausgang findet, und wir tun alles dafür, dass die deutschen Staatsangehörigen gesund zu ihren Familien zurückkehren können.«
Die früheren Entführungen von Deutschen im Irak waren nach längeren Verhandlungen ohne Blutvergießen gelöst worden. Die beiden am 24. Januar 2006 gekidnappten Leipziger Ingenieure René Bräunlich und Thomas Nitzschke waren nach 99 Tagen unversehrt freigelassen worden. Im November 2005 war die Archäologin Susanne Osthoff im Nordirak verschleppt worden und nach dreiwöchiger Gefangenschaft freigekommen. In beiden Fällen wurde über Lösegeldzahlungen in Millionenhöhe spekuliert.
Bei drei Anschlägen im Zentrum Bagdads sind gestern mehr als 75 Iraker getötet worden. Mindestnes 150 weitere Menschen wurden verletzt. Insgesamt explodierten drei Bomben. Die erste explodierte in einem Geschäftsviertel, die beiden anderen auf dem Großmarkt Al-Schurdscha, der schon mehrfach Ziel von Anschlägen war. Zahlreiche Stände wurden zerstört. Über der Stadt war eine dichte schwarze Rauchwolke zu sehen. Die Explosionen ereigneten sich nach einem 15-minütigen Gedenken an den Anschlag auf die Goldene Moschee von Samarra, die zu den wichtigsten Heiligtümer der Schiiten gehört. Nach dem Anschlag vor einem Jahr, bei dem die imposante Goldkuppel einstürzte, war es zu blutigen Racheakten an Sunniten gekommen.

Artikel vom 13.02.2007