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»Jeder Stein erzählt eine Geschichte«

Mitte März erneut Verlegeaktion - Initiatoren suchen nach Angehörigen

Bielefeld (bp). 30 Stolpersteine wurden in Bielefeld bereits verlegt, für 40 weitere gibt es Paten: Am Mittwoch, 14. März, kommt der Künstler und Initiator der inzwischen europaweiten Stolpersteine-Aktion, Gunter Demnig, erneut nach Bielefeld, um weitere Steine zu verlegen.

Eva Hartog, Bielefelder Initiatorin der Aktion, hofft, dass sich vielleicht noch Angehörige der Menschen finden, zu deren Gedenken die Steine in die Gehwege vor den Häusern integriert werden, in denen die Opfer des Nazi-Regimes zuletzt gelebt haben. Eva Hartog: »Jeder Stein erzählt eine Geschichte, schildert das Schicksal eines Menschen, eines Mitbürgers, eines Bielefelders.«
Um 9 Uhr am 14. März verlegt Demnig an der Ecke Gehrenberg/ Am Bach 2 (ehemals Gehrenberg 41) einen Stein, der an Robert Hegemann erinnert. Der Postfacharbeiter, 1903 in Schildesche geboren, wurde wegen »politischer Äußerungen« verhaftet und am 17. August 1942 im KZ Sachsenhausen ermordet.
Weiter verlegt werden Stolpersteine in Erinnerung an:
l Lotte Windmüller, als 21-Jährige 1943 nach Auschwitz deportiert, Todesdatum nicht bekannt; sie wohnte zuletzt im Haus Detmolder Straße 76
l Heinrich Schwarze, geboren 1893 in Bielefeld, ins KZ Dachau deportiert, weil er als Graphologe und Astrologe tätig war; zuletzt wohnhaft Hindenburgstraße 20, heute Alfred-Bozi-Straße/Ecke Oberntorwall. Alfred und Lina Feldheim mit den Kindern Eva (geb. 1931) und Ruth (Geb. 1932). Die Familie kam 1939 nach Bielefeld, wohnte in den so genannten »Judenhäusern« Oberntorwall 2, dann Detmolder Straße 4. Sie wurde 1943 nach Auschwitz deportiert, Todesdaten unbekannt.
l Alfred und Walli Gottschalk und die Kinder Ursula und Bärbel. Die Familie, bis 1933 wohnhaft Detmolder Straße 23, musste unter dem Druck der Verhältnisse mehrfach umziehen, lebte vor der Deportation 1942 nach Warschau vermutlich im Haus Steinstraße 7; Todeszeitpunkt und -ort sind unbekannt.
l Frieda Homann, 1944 wegen »Wehrkraftzersetzung« hingerichtet; Heinrich Homann, 1944 hingerichtet wegen »Feindsenderabhörung und Wehrkraftzersetzung«, zuletzt wohnhaft Ortsschmiedeweg 33 in Heepen.
l Oskar Grube, 1941 im KZ Sachsenhausen ermordet; SPD-Mitglied und Gewerkschaftssekretär, Am Tempel 17
l Paul Hülsmann, SPD-Mitglied, zu Zuchthaus verurteilt wegen »Vorbereitung zum Hochverrat«, 1945 in Brandenburg gestorben; Am Großen Wiel 1
l Hermann Kleinewächter, KPD-Mitglied, Dreher bei Dürkopp, 1944 hingerichtet wegen »Vorbereitung zum Hochverrat und Rundfunkverbrechen«, Primelstraße 2
l Otto Appelfelder, KPD-Mitglied, angeklagt wegen »Hochverrat«, 1944 hingerichtet, Schloßhofstraße 187
l August und Lina Beckmann, 1943 hingerichtet wegen »Vorbereitung zum Hochverrat«, Kusenweg 165
l Otto Gießelmann, KPD-Mitglied, Anklage wegen »Hochverrat«, 1944 hingerichtet, Mellerstraße 27
l Wilhelm Ebert, KPD-Mitglied, 1945 im KZ Mauthausen ermordet, Bleichstraße 205 b
l Albert Gödde, KPD-Mitglied, verurteilt wegen »Rundfunkverbrechen«, 1943 in Auschwitz ermordet, Friedrichstraße 35
l Gustav Milse, Metallarbeiter, KPD-Mitglied, verurteilt wegen »Hochverrats«, Kammeratsheide 16
l Bernhard Putjenter, KPD-Mitglied, Lagerist, 1944 hingerichtet
l Friedrich Wollgast, Galvaniseur, 1944 hingerichtet, Wittekindstraße 53
l Gustav und Frieda Horstbrink, verurteilt wegen »Vorbereitung zum Hochverrat, 1943 hingerichtet, Kusenweg 58.
Eva Hartog und ihre Mit-Initiatorin Christine Biermann wünschen sich, dass mögliche Angehörige zur Verlegung der Steine kommen, wünschen sich aber auch noch mehr Informationen. Kontaktadresse per E-mail unter eva.hartog@klinikdrhartog.de.
Der Künstler Gunter Demnig hat in Deutschland inzwischen schon mehr als 9000 Stolpersteine verlegt.

Artikel vom 15.02.2007