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Im Strudel der Vergangenheit

Nur wenig Begeisterung für den deutschen Berlinale-Film »Yella«

Von KLaus Gosmann
Berlin (WB). Als erster Wettbewerbsbeitrag eines deutschen Regisseurs auf der 57. Berlinale stieß »Yella« bei der Kritik auf gemischte bis wohlmeinende Resonanz.
Devid Striesow spielt in »Yella« den Chef, einen betrügerischen Finanzmanager.Foto: dpa

In Christian Petzolds aktuellem Film geht es einmal mehr um die Gespenster der Vergangenheit, die seine Leinwand-Charaktere nur selten abstreifen können. Da ihr Mann Ben (Hinnerk Schönemann - sieht dem Sänger Ronan Keating ähnlich) in Wittenberge mit seiner Firma pleite gegangen ist, will seine Frau Yella (Nina Hoss) mit einem neuen Job in Hannover den Neuanfang wagen. Doch der Sprung von Ost nach West wird erst mal ins Wasser gesetzt: Ben fährt sie nicht wie versprochen zum Bahnhof, sondern steuert den Wagen direkt in die Elbe.
Schnitt: Yella im Zug auf dem Weg in die niedersächsische Landeshauptstadt. Dort trifft sie auf Philipp (Devid Striesow, überzeugte bereits in »Die Fälscher«), der im Auftrag einer Private Equity-Firma Unternehmen bei der Finanzierung risikointensiver Geschäftsideen unterstützen soll. Als nette optische Ablenkung seiner potenziellen Geschäftspartner nimmt er Yella zu den Verhandlungen mit. Bald merkt er, dass sich auch ihr zuvor von ihm nicht erahntes psychologisches, rhetorisches und fachliches Geschick bar für ihn auszahlt. Yella beginnt, Gefallen an der sterilen Zwischenwelt der guten, aber anonymen Hotels, der Dienstwagen und Designerbüros mit all ihren durchschaubaren Broker- und Alpha-Tier-Ritualen und an ihrem Auftraggeber zu gewinnen. Der wiederum betrügt seinen Arbeitgeber, weil er Geld für eigene Geschäfte beiseite legen möchte. Zwischendurch taucht Yella allen Erfolgsmeldungen zum Trotz wieder in den Strudel ihrer Vergangenheit ein, nicht nur als Ben wieder erscheint.
Schon früh weckt Regisseur Petzold (»Die innere Sicherheit«, »Gespenster«) Zweifel an der Wahrhaftigkeit der schönen neuen Großfinanzwelt seiner Protagonistin. Der Zuschauer ahnt, dass hier nicht die Geschichte einer gelungenen Selbstverwirklichung gezeigt wird, sondern eher ein romantisches Schauermärchen, allerdings nicht im bösen, dunklen Wald angesiedelt, sondern auf dem ehemaligen EXPO-Gelände. Offensichtlich ein inspirierender Filmort für den vom französischen Film inspirierten Regisseur. Formal setzt Petzold seine Gespensterwelt zum einen mit der Verwendung deutlich Klischee besetzter Zeichen (dräuende Klangkulisse, unheimliche Vogelgeräusche) in Szene, aber auch, indem er bei seinen Spuksequenzen bewusst nicht auf entsättigte Farben setzt, sondern ganz bewusst mit vollem Pinselstrich aufträgt. Seine Schauspieler bewegen sich bisweilen etwas statisch, die Dialoge wirken gespreitzt: ein Kunstmärchen will schließlich angemessen distanziert erzählt werden. Auf die Frage, ob er mit seinem neuen Werk ein negatives Bild von den Verhältnissen in Deutschland zeichnen wolle, entgegnete er, dass die Jubelstimmung während der Dreharbeiten zur Fußball-WM-Zeit in Hannover ihn vielleicht dazu bewogen hätte, dem etwas entgegen zu setzen. Humor hat der gebürtige Hildener, dem Nina Hoss attestiert, eine Atmosphäre zu schaffen, in der es sich »fantastisch« spielen lasse, trotzdem.

Artikel vom 15.02.2007