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Grausame Vergeltung

»Hannibal Rising - Wie alles begann«


Mit der Formel »Wie alles begann« ist das Filmgeschäft noch lukrativer geworden. Statt all der Fortsetzungen kommen nun vermehrt die Vorgeschichten berühmter Leinwandhelden in die Kinos. In »Hannibal Rising« erfahren die Zuschauer jetzt Erschröckliches aus der Kindheit des Film-Kannibalen.
Autor Thomas Harris schrieb das Drehbuch nach seinem gleichnamigen Roman, Peter Webber (»Das Mädchen mit dem Perlenohrring«) führte Regie. Gaspard Ulliel spielt den jungen Hannibal Lecter, der sich aus einem traumatisierten Jungen in ein kultiviertes, aber eiskaltes Monstrum entwickelt und auszieht, um Grausames mit Grausamkeit zu vergelten.
Als Hannibal Lecter sich 1991 mit dem denkwürdigen doppeldeutigen Satz »I have an old friend for dinner« (Ein alter Freund kommt zum Abendessen) aus Jonathan Demmes Klassiker »Das Schweigen der Lämmer« verabschiedete, war dies ein vieldeutiger Abgang für den Star unter den Serienmördern. Lecter, jener blutgierige Schöngeist und postmoderne Virtuose des Bösen, wurde von Anthony Hopkins kongenial verkörpert: zynisch, grausam und manipulativ.
In »Hannibal Rising« allerdings ersetzt plakative Brutalität die Abgründe des Horrors. Was der junge Hannibal im Litauen des Jahres 1944 erlebt, ist der Biographie des realen, hochgebildeten russischen Serienmörders Andrej Tschikatilo nachempfunden. Den 1994 hingerichteten »Ripper von Rostow« verfolgte seit seiner frühen Kindheit die entsetzliche Geschichte seines älteren Bruders, der im Hungerwinter 1933/34 verschwunden und, so jedenfalls die Vermutung, ein Opfer von Kannibalismus geworden war.

Artikel vom 15.02.2007