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Schwer verdauliches
»Jubiläumsgeschenk«

»Spiegel«-Bericht ausgerechnet zum 50. Geburtstag

Espelkamp (WB/in/dk). So hat sich Gauselmann den Auftakt ins 50. Jubiläumsjahr sicher nicht vorgestellt: Der Vorwurf, in den Merkur-Spielotheken seien tausende Spielautomaten manipuliert worden, trifft ins Herz der Espelkamper Unternehmensgruppe.

Paul Gauselmann, der Unternehmensgründer, gehört zu jener Spezies ostwestfälischer Familienunternehmer, die aus dem Nichts einen riesigen Konzern aufgebaut haben. Beim Start 1957 waren es Musikboxen, die der gelernte Fernmelderevisor zunächst nebenberuflich in Gaststätten aufstellte. Bald kamen jedoch die ersten »Daddelautomaten«, also Geldspielgeräte hinzu. 1964, als sich Gauselmann von seinem bisherigen Arbeitgeber löste, beschäftigte er bereits 15 Mitarbeiter.
Wichtige Schritte in der weiteren Unternehmensgeschichte waren 1974 die Einrichtung der ersten eigenen Merkur-Spielothek in Delmenhorst und 1977 der Produktionsstart für das erste selbst entwickelte Geldspielgerät. Heute betreibt Gauselmann allein im Inland gut 200 Spielotheken. Vor allem seit dem Eintritt von Pauls Sohn Michael Gauselmann wächst das Unternehmen immer stärker im Ausland. 2005 erzielten insgesamt 5638 Mitarbeiter einen Umsatz von 688 Millionen Euro.
Die jetzt bekanntgewordenen Vorwürfe sind nicht ganz neu. Schon 2004 berichtete »Der Spiegel« über angebliche Manipulationen an Geldspielgeräten in der Merkur-Spielothek in Augsburg. Mit Hilfe spezieller elektronischer Steuerungen, die Gauselmann in die Automaten einbaute, habe das Spielhallen-Personal die Möglichkeit gehabt, bei Stammkunden Sonderspiele und Gewinne auszulösen. Damals wurde das Verfahren gegen die Zahlung einer Geldbuße eingestellt.
Nun berichtet das Hamburger Nachrichtenmagazin in seiner heutigen Ausgabe erneut vom Vorwurf der technischen Manipulation und der Begünstigung von regelmäßigen Spielern. Der »Spiegel« beruft sich unter anderem auf eine interne Anleitung für Merkur-Mitarbeiter, wonach Stammkunden besonders betreut wurden und bei ihnen sogar das »bevorzugte Getränk« bekannt war. Die Software »Filialmonitor« gewährleiste »eine optimale Überwachung sowie zum Teil auch aktive Steuerung und Einflussnahme auf das Geschehen in der Spielstätte«, zitiert das Magazin aus einem internen Gauselmann-Papier. Firmenchef Paul Gauselmann reagierte gestern auf die neuerlichen Vorwürfe so: »Es kann der Gute nicht in Frieden leben, wenn es dem Bösen nicht gefällt.«

Artikel vom 12.02.2007