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Im KZ entstanden
perfekte Dollar-Blüten

Stefan Ruzowitzky zeigt bei Berlinale »Die Fälscher«

Von Klaus Gosmann
Berlin (WB). Das Leben schreibt die seltsamsten Drehbücher: Von 1942 bis '45 arbeiteten 140 Häftlinge im Konzentrationslager Sachsenhausen unter dem Decknamen »Unternehmen Bernhard« in einer Fälscherwerkstatt. Ihr Ziel: Das britische Pfund und den US-Dollar so perfekt zu kopieren, um mit den Blüten die Wirtschaft der Kriegsgegner zu schwächen.

Der »Lohn« für die allesamt aus dem drucktechnischen, grafischen und künstlerischen Bereich stammenden Projektbeteiligten: die Aussicht, das KZ zu überleben. Basierend auf dem Tatsachenbericht »Des Teufels Werkstatt«, das auf den Erinnerungen eines der »Bernhard«-Mitarbeiter, dem 90-jährigen Adolf Burger, beruht, ist dem österreichischen Regisseur Stefan Ruzowitzky (»Anatomie«) mit »Die Fälscher« eine starke Ensemblearbeit gelungen. Der 98 Minuten lange Film zählt zu den bislang interessantesten Wettbewerbsbeiträgen der 57. Berlinale und läuft am 15. März in den Kinos an.
Während Filmfigur Salomon Sorowitsch (sehr differenziert von Karl Markovics dargestellt) in der Vorkriegszeit als König der Fälscher sein Geld verdiente beziehungsweise selbst herstellte, will Adolf Burger (mit gewohnt kühler Eleganz: August Diehl) als politischer Häftling das Projekt aus idealistischen Gründen sabotieren. Im Projektleiter Kommissar Friedrich Herzog (mit perfidem Charme: Devid Striesow) treffen sie auf einen Gegenspieler, der zugleich Vergünstigungen und Lager-Absurditäten wie Pingpong-Platte, bunte Remmi-Demmi-Abende oder die dauerhafte Operetten-Berieselung gutheißt, aber auch bereit ist, jedes Mitglied seines Fälscherteams sofort ans Messer zu liefern, wenn's ihm opportun erscheint.
Diese drei Charaktere wurden mit jeder Menge Grauschattierungen angelegt. Der einstige Gauner Sorowitsch versucht sich und viele seiner Mitinsassen zu helfen; der Dogmatiker Burger steht zu seinen die anderen Häftlinge gefährdenden Ansichten; und Kommissar Herzog versucht sich schon während des Krieges auf die Zeit danach vorzubereiten, indem er im vertraulichen Gespräch fallen lässt, nie mit Herz ein Nazi gewesen zu sein. Dank der emotional intensiven Darstellung weiß der Film den Zuschauer zu packen. 134 Millonen »Pfund« wurden in Sachsenhausen hergestellt, soviel wird Ruzowitzkys sechstes Regiewerk auch in Euro umgerechnet definitiv nicht einspielen. Kommerzielles Potenzial hat es dennoch.

Artikel vom 12.02.2007