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China demonstriert seine Rolle
als führende Wirtschaftsmacht

Selbstbewusster Gast bei Beratungen der Finanzminister der G7-Staaten

Von Thomas Kaufner
und André Stahl
Essen (dpa). China ist sich seiner neuen Rolle als eine führende Wirtschaftsmacht bewusst und stellte dies auch beim G7-Treffen in Essen einmal mehr demonstrativ unter Beweis. Die Delegation aus Peking war mit dem angemieteten Hotel unzufrieden und checkte kurzerhand in einem anderen Quartier ein.

So selbstbewusst tritt die inzwischen viertgrößte Volkswirtschaft der Welt auch als Gast bei den Beratungen der Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden Industrienationen (G7) auf. Es bestehe eine gute Partnerschaft, sagte Finanzminister Jin Renqing freundlich. China habe aber »höchste Interessen des eigenen Landes zu verteidigen«.
Die G7-Länder USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Kanada und Italien haben ihrerseits ein Interesse, China stärker einzubinden. Gespräche über die Weltwirtschaft und Wechselkurse ohne das Schwergewicht China seien sinnlos, sagte kürzlich Finanzstaatssekretär Thomas Mirow. Aber auch die anderen so genannten Schwellenländer Brasilien, Indien, Mexiko und Südafrika sollen nach dem Willen Deutschlands stärker integriert werden und künftig regelmäßig an den Beratungen teilnehmen. Dabei geht es keineswegs um eine Erweiterung der mächtigen G8-Runde, der neben den sieben führenden Industrieländern noch Russland angehört.
Deutschland hat in diesem Jahr den Vorsitz in der Gruppe der Acht und richtet Anfang Juni im Ostseebad Heiligendamm den Weltwirtschaftsgipfel aus. Das Treffen der G7-Finanzminister einige Monate zuvor markiert traditionell den offiziellen Beginn der Vorbereitungsgespräche für den G8-Gipfel. Die stärkere Integration der Schwellenländer ist Kernziel der deutschen Präsidentschaft.
Mit den fünf Ländern solle ein problemorientierter Dialog organisiert werden, was ein neuer Ansatz wäre, wie Wirtschaftsstaatssekretär Bernd Pfaffenbach meinte, der für die Bundesregierung den G8-Gipfel vorbereitet.
Deutschland will den neuen Dialog als »Heiligendamm-Prozess« in Gang setzen und beginnt damit bereits in Essen. Vor den eigentlichen Beratungen der G7-Finanzminister standen Gespräche mit den fünf Schwellenländern an. Offizieller Tagesordnungspunkt war der Aufbau von Anleihemärkten in heimischer Währung, um diese Länder robuster gegenüber Finanzkrisen zu machen. China nimmt auch an den G7-Gesprächen über Wechselkurse, die Weltwirtschaft und den immer wieder angestrebten Abbau der globalen Ungleichgewichte teil.
Schließlich hortet das Land mit mehr als einer Billion US-Dollar die größten Devisenreserven der Welt. Zudem ist der niedrige Kurs der chinesischen Währung Yuan den USA seit Jahren ein Dorn im Auge. Sie werfen China vor, den Kurs künstlich niedrig zu halten und sich so unfaire Exportvorteile zu verschaffen. Für neuen Ärger sorgen auch die zunehmenden chinesischen Kredite an afrikanische Länder, die gerade erst von den Industrienationen um Milliarden entschuldet wurden und sich nun in neue Abhängigkeiten begeben.
Bei den wichtigen Beratungen der Finanzminister sitzt Moskau weiter am Katzentisch. Der russische Ressortchef Alexej Kudrin, der in Essen »nur« als Gast vertreten ist, kritisierte: »Unter dem deutschen Vorsitz bleibt Russland von der Erörterung von Devisenproblemen ausgeschlossen.«

Artikel vom 10.02.2007