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Iwan Safrantschuk

»Moskau hat die Absicht, seinen militär-politischen Einfluss über den gesamten Globus auszudehnen«.

Leitartikel
Kosovo

EU kämpft
an zwei
Fronten


Von Dirk Schröder
Das wird noch eine lange und schwierige Reise. Die Europäische Union muss nicht nur in Serbien für den Vorschlag des UN-Vermittlers Martti Ahtisaari für die Zukunft der südserbischen Provinz Kosovo kämpfen. Der größere Widerstand scheint der EU aus Moskau entgegenzuwehen. Unmissverständlich hat sich am Freitag Russlands Verteidigungsminister Sergej Iwanow in Sevilla gegenüber der NATO gegen eine Unabhängigkeit der Krisenregion gewandt.
Damit wird es immer unwahrscheinlicher, dass wie geplant Ende März eine endgültige Entscheidung im UN-Sicherheitsrat fallen wird. Russlands Veto wird dies verhindern.
Die angebliche Furcht der Kremlherren vor einem gefährlichen Präzedenzfall und einer Kettenreaktion bei anderen nach Unabhängigkeit strebenden Gruppen ist aber nur vorgeschoben. Darauf deutet vieles hin.
Ein zunehmend selbstbewusster gewordener Präsident Wladimir Putin will am Ende seiner Amtszeit - wenn er denn nicht noch einen Dreh für eine Verlängerung findet - Russland wieder zu der Weltmacht machen, die das Land bis zum Ende des Kalten Krieges ohne Zweifel war. Auf der Internationalen Sicherheitskonferenz an diesem Wochenende in München wird Putin dies mit Sicherheit auch deutlich machen.
Wenn man sieht, in welchem Ausmaß Russland dank hoher Öleinnahmen aufrüstet, glaubt man Iwan Safrantschuk vom Zentrum für Verteidigungsinformation, der Moskau die Absicht unterstellt, »seinen militär-politischen Einfluss über den gesamten Globus auszudehnen«.
Da will man natürlich nicht den getreuen Verbündeten Serbien auch noch an Europa verlieren und stärkt ihm im Kampf um die Provinz Kosovo den Rücken.
Der Schlüssel für eine friedliche Zukunft des Kosovo und damit des gesamten Balkan liegt also nicht nur in Belgrad, sondern auch in Moskau. Ohne Zustimmung Russlands wird die serbische Führung ihre starre Haltung nicht aufgeben. Es erfordert schon einige Überzeugungskraft, diese beiden Fronten aufzubrechen.
Doch der Vorschlag des UN-Vermittlers, das Kosovo unter EU-Aufsicht zu einem weitgehend unabhängigen Staat zu machen, ist der einzig gangbare Weg. Niemand sollte glauben, dass die zwei Millionen Kosovo-Albaner nach der jahrzehntelangen Unterdrückung wieder einer serbischen Herrschaft zustimmen werden.
Im Moment sieht es so aus, als bevorzuge Serbien die nationalistische Variante denn die europäische. Trotzdem, oder gerade deshalb muss die Hand der Europäischen Union ausgestreckt bleiben. Es gibt in Serbien ja durchaus Kräfte, die glauben, dass das Kosovo nicht wieder zu Serbien zurückkehren kann.
Noch sind die europäischen Anreize wohl nicht groß genug. Doch Serbien ist allein nicht funktionsfähig. Die Zukunft kann nur in Europa liegen. Das muss schließlich auch Moskau einsehen und nicht länger an seinem »Njet« festhalten.

Artikel vom 10.02.2007