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Ein jeder will sich selbst retten

Soderberghs Film »The good German« im Wettbewerb der Berlinale

Aus Berlin berichtet Klaus Gosmann
Berlin (WB). Die Internationalen Filmfestspiele in Berlin sind eröffnet, nun geht es an die Filme. Am Freitag lief der Film »The good German«.

In Steven Soderberghs Film werden die Nachkriegswirren im Jahr 1945 in Berlin thematisiert. Der US-Kriegskorrespondent Jake Geismer (George Clooney) kehrt in die in Trümmern liegende Stadt zurück, um über die Potsdamer Friedenskonferenz zu berichten. Doch während Truman, Stalin und Churchill über das Schicksal der Überbleibsel der Nazi-Schreckensherrschaft und die Zukunft Europas entscheiden, trifft der hartgesottene Journalist auf seine frühere Freundin Lena Brandt (Cate Blanchett). Deren neuer Liebhaber Tully (Tobey Maguire), ein windiger Schwarzmarktschieber, wird kurz darauf mit 100000 Mark in der Tasche sowie leider auch einer Kugel im Rücken aufgefunden. Doch keine der Besatzungsmächte scheint sich für den Mord zu interessieren. Bei seinen Recherchen bemerkt Geismer, dass es nur darum geht, sich eine möglichst gute Ausgangsposition für den sich bereits andeutenden Ost-West-Konflikt zu sichern.
Bei der Realisierung dieses Melodrams mit politischen Untertönen setzt Soderbergh mitunter auf alles andere als subtile Mittel: Dass die Einblendung einer Persil-Werbefläche etwas mit der Reinwaschung früherer Kriegsfeinde und NS-Täter zu tun haben könnte, ist schon allerstärkste Dampfhammer-Bildsprache. Ansonsten dominieren in dieser Schwarzweiß-Verfilmung des Joseph Kanon-Romans »In den Ruinen von Berlin« eine Film-noir-Ästhetik, lakonische Dialoge und das stetig wachsende Misstrauen allen beteiligten Figuren gegenüber, denn jeder scheint nur sich zu retten.
Zu den persönlichen Rettern von Oscar-Gewinner Soderbergh (»Traffic«, »Ocean's eleven«) zählte George Clooney erstmals bei seinem Film »Out of sight«, mit dem er später die Produktionsfirma Section Eight gründete: »Ich brauchte damals seine Zugkraft als Star«, bekannte das Regie-Ass offenherzig und gut gelaunt auf der Berlinale. Im Gegenzug präsentiert er den einstigen Serienstar bis zum heutigen Tag als mehr als nur passablen Darsteller. Nebenbei: Auch ohne Kamera offenbart der graumelierte Salontiger Entertainerqualitäten. »Ein Weltklasse-Erzähler«, schwärmt Kollegin Cate Blanchett von ihm.
Wenn die Eltern in die Ferien fahren, und das Kind beim Opa zurücklassen, muss das nicht zwangsläufig den Stoff für eine Komödie liefern. Zumal nicht, wenn der Großvater noch kurz vor dem Eintreffen des Enkels verstirbt, und Mama und Papa keine Lustreise antreten, sondern vielmehr versuchen, als Regimekritiker der Verhaftung in einer südamerikanischen Militärdiktatur zu entgehen.
So zu besehen im Wettbewerbsbeitrag »Das Jahr als meine Eltern im Urlaub waren«), der 1970 in Brasilien spielt. - ein leiser, oft humorvoller Film über das Erwachsenwerden mit Fußball-Kolorit, ganz ohne Sönke Wortmann-Pathos.

Artikel vom 10.02.2007