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Der Nächstenliebe verpflichtet

Schwester Ida Maria verlässt nach acht Jahren das Franziskus Hospital

Von Sabine Schulze
und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Mit sieben Jahren wusste Schwester Ida Maria bereits, dass die Krankenschwester werden wollte. Mit 18 trat sie in den Orden der Franziskanerinnen ein. Als Oberin kam sie 1999 an das Franziskus Hospital nach Bielefeld, leitete das Qualitätsmanagement. Nächste Woche verlässt die 67-jährige die Klinik um sich neuen Aufgaben zu widmen.

Geboren wurde Schwester Ida Maria Dehner in einem kleinen Ort bei Aachen. Damals hieß sie noch Katharina. Als sie ihrem Orden beitrat, erhielt sie einen neuen Namen - mit dem sie mehr als unglücklich war. »Ich habe geweint und wollte nicht Ida heißen«, erinnert sie sich. Gelitten hat damals auch ihre Mutter: »Sie war regelrecht krank, als sie mich in unser Mutterhaus gebracht hat, sie wollte nicht, dass ich Nonne werde.«
Ihre Tochter aber hat den Schritt nicht bereut. Schon das Noviziat hat sie bestärkt. 46 junge Frauen sind mit Ida Maria Dehner dem Orden beigetreten. »Damals waren wir noch 2700 Schwestern, heute sind es 333«, sagt sie mit Bedauern. Irgendwann, meint sie, werde es die Ordensgemeinschaften nicht mehr geben. »Aber dann wird anderes an diese Stelle treten, etwas, was vielleicht eher mit den heutigen Lebensentwürfen vereinbar ist.« Denn ohne Menschen, die sich der tätigen Nächstenliebe verpflichtet fühlen, werde es »weiße Flecken« geben.
Die Schwester hat bei den Franziskanerinnen ihre Berufung gefunden. Sie hat Krankenpflege gelernt, eine Ausbildung zur Heimerzieherin absolviert und eine Weiterbildung zur Pflegedienstleiterin. Nach ihrer Ausbildung in Aachen war sie an verschiedenen Kliniken tätig, ehe sie 1999 als Oberin nach Bielefeld wechselte. Von ihren Erfahrungen profitierte das Klösterchen. Geschäftsführer Dr. Georg Rüter machte sie zur Qualitätsmanagement-Beauftragten. Eine Entscheidung, die er nie bereut hat: »Ohne sie wären wir nicht so schnell so weit gekommen«, ist er überzeugt. Denn Schwester Ida Maria hat das Qualitätsmanagement für das Hospital aufgebaut und für die erste Zertifizierung eines Akutkrankenhauses unserer Region gesorgt.
Dass sie Bielefeld nun verlässt, hängt mit den Ordensregeln zusammen: Nach sechs, sieben Jahren wechselt eine Oberin ihren Einsatzort. Schwester Ida Maria wird ins Provinzhaus Düren-Arnoldsweiler des Ordens gehen, einige Monate zur Ruhe kommen - und sich dann auf eine neue Aufgabe vorbereiten. Was das sein wird, weiß sie noch nicht.
Dass sie ihre Entscheidung, einem Orden beizutreten, immer mal wieder im Leben überdacht hat, leugnet die 67-Jährige nicht. »Ich habe als junges Mädchen Handball gespielt, war aktiv wie alle.« Und es gab durchaus einen jungen Mann, auf den sie ein Auge geworfen hatte (und umgekehrt). »Aber damals war man noch nicht gleich so eng verbunden wie heute.«
Auch als Krankenschwester ist sie immer wieder von Patienten angesprochen worden, warum sie denn Nonne sei. »Aber ich bin so in meinem Beruf aufgegangen, habe so viel Spaß daran gehabt, dass ich nichts vermisst habe.« Gehadert hat die Schwester, in deren Büro der Computer so selbstverständlich ist wie das Kreuz, wenn sie schwer kranke Patienten hatte. »Wenn eine Frau mit 30 oder 35 Krebs hatte und dann ihre Männer mit zwei kleinen Kindern an der Hand zu Besuch kamen und sich an ihr Bett setzten - da habe ich gelitten.« Dass andere Menschen in solch einer Situation mit Gott hadern, versteht sie. »Aber ich habe den Tod schon während meiner Kindheit auf dem Dorf als normal erlebt, als das, was zum Leben gehört. Da nahm dann auch das ganze Dorf von den Aufgebahrten Abschied.«
Wer Schwester Ida Maria erlebt, erlebt einen fröhlichen Menschen. Sie lacht gerne, tanzt bei Betriebsfeiern, liest gerne Krimis, mag »Wer wird Millionär« oder »Hart, aber fair«. Bei all dem aber fühlt sie sich Gott unverbrüchlich verbunden. Der Schleier ist ihr wichtig. »Er zeigt, dass ich eine Ordenseigene bin.« Daneben aber will sie zeigen, dass Nonnen nicht sauertöpfisch sind. »Bei uns darf auch gelacht werden«, sagt sie mit ihrem rheinischem Tonfall.
Klinik-Aufsichtsratschef Dr. Guido Sandler und Geschäftsführer Dr. Georg Rüter haben Schwester Ida Maria gestern mit herzlichen Dankesworten verabschiedet. Die guten Wünsche der Ordensfrau galten dem Krankenhaus und ihrer Nachfolgerin Gesa Held.

Artikel vom 10.02.2007