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Stiefvater hat Mehmet
»mehrfach geschlagen«

Angeklagter: »Er wollte sich nicht waschen«

Zwickau (dpa). Im Prozess um den Tod des vierjährigen Mehmet aus Zwickau hat dessen Stiefvater die Misshandlung am 13. Oktober 2006 eingeräumt. »Ich habe ihn mehrfach geschlagen, weil er sich nicht waschen wollte«, sagte er.

Dabei sei das Kind mit dem Kopf gegen die Toilette oder das Waschbecken gefallen. Der Sohn seiner Lebensgefährtin war am selben Tag an Hirnblutungen gestorben. Er sei mit dem Verhalten des Jungen überfordert gewesen, erklärte der 45 Jahre alte Angeklagte bei der Vernehmung im Landgericht Zwickau. Die Mutter des Kindes gestand ihre Mitschuld ein: »Ich bekenne mich schuldig, ich weiß nicht, warum ich nicht eingeschritten bin«, sagte die 28-Jährige unter Tränen zum Prozessauftakt. Leise und nur schwer verständlich berichtete sie von den Misshandlungen des Kindes durch ihren Lebensgefährten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, den Tod ihres Jungen durch Unterlassen herbeigeführt zu haben. Obwohl sie die Gefahr der tödlichen Verletzungen erkannt habe, sei sie untätig gegenüber der Gewalt des Mannes geblieben.
Mehmet starb am 13. Oktober 2006 an Hirnblutungen, nachdem er geschlagen und gegen Möbel gestoßen worden war. Laut Anklageschrift wog er nur noch zehn Kilogramm. Die Mutter und ihr Partner stehen wegen Totschlags vor Gericht. »Mehmet wollte sich an diesem Tag nicht anziehen und waschen«, sagte seine Mutter vor der Strafkammer.
Das anfangs harmonische Verhältnis zwischen Mehmet und ihrem Partner habe sich nach der Geburt einer gemeinsamen Tochter 2005 zunehmend verschlechtert. Die Gewalt habe sich von gelegentlichen Ohrfeigen bis hin zu fast täglichen Schlägen unter anderem mit einem Bambusstock gesteigert. Von Sommer 2006 an wurde der Junge von ihrem Freund mehrmals wöchentlich ans Bett gefesselt. Dabei klebte der Mann dem Kind den Mund mit einem Streifen zu.
»Ich habe Mehmet heimlich Essen gegeben und losgebunden, wenn er es nicht merkte«, schilderte die Frau. Das Paar sitzt seit dem Tod des Kindes in Untersuchungshaft. Mehmets Mutter brachte dort ein weiteres Kind zur Welt. Es lebt wie die gemeinsame Tochter des Paares sowie ein aus der früheren Ehe der Frau stammender Junge bei Pflegeeltern.

Artikel vom 10.02.2007