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»Traumflüge« auf Platz zwei

Skisprung-Weltcup: Michael Uhrmann in WM-Form - »Aus« für Georg Späth

Von Günter Sarrazin
Willingen (WB). Die deutsche Skisprung-Nationalmannschaft hat einen großen Medaillenkandidaten für die Weltmeisterschaft in Japan in ihren Reihen. Mit zwei Supersprüngen und Platz zwei im Einzel-Wettbewerb des Weltcups in Willingen hat Michael Uhrmann am Samstag eindrucksvoll seine Rolle als Frontmann und Hoffnungsträger der DSV-Adler bestätigt.

Mit 144 Metern im ersten Durchgang legte Uhrmann einen perfekten Start hin. Und das, obwohl sein Sprung wegen des dichten Nebels an der Mühlenkopfschanze phasenweise als »Blindflug« zu bezeichnen war. Trotz schlechter Sicht demonstrierte der Bayer ausgezeichnetes Fluggefühl und zeigte auch bei der Telemarklandung seine Klasse.
Imponierend, wie er im zweiten Durchgang mit dem Druck umging. Im ohrenbetäubenden Anfeuerungslärm von 28 500 begeisterten Fans segelte er auf 140 Meter. »Der Sprung war traumhaft, ich bin sehr zufrieden«, strahlte Uhrmann, auf dessen Schultern eine doppelte Last gelegen hatte. Zum einen der enorme Druck bei der Landung, zum anderen die Erwartungshaltung der Zuschauer, die Spitzenleistungen sehen wollen. »Uhri« meisterte beides und avancierte zum neuen Liebling in Willingen.
Der Routinier, der schon vor dieser Saison dazu auserkoren worden war, zusammen mit Martin Schmitt an die Erfolge der deutschen Skispringer anzuknüpfen, ist ein markanter Typ mit trockenem Humor. Uhrmann hat nicht das Lausbuben-Lächeln eines Schmitt, ihm fliegen nicht die Herzen zu wie dem früheren Teenie-Schwarm Sven Hannawald. Dafür begeistert er mit beständig guten Vorstellungen.
Großen Anteil an der aktuellen Platzierung des Mannschaftsolympia-Siegers 2002 in der Weltcup-Spitze (Siebter der Gesamtwertung) hat seine Familie. »Seit wir eine kleine Familie sind, mache ich mir nicht mehr solch einen Kopf, wenn es nicht so läuft«, berichtete der junge Vater, der schon mit seinem Erfolg in Oberstdorf für Hochstimmung im Deutschen Skiverband gesorgt hatte. Die Top-Platzierungen des 28-Jährigen sind für den DSV nicht zuletzt wichtige Argumente für die anstehenden Verhandlungen über einen neuen Fernsehvertrag.
Uhrmann stark in Deutschland - dem ersten deutschen Sieg im Weltcup nach drei Jahren hatte er Platz fünf in Klingenthal folgen lassen. In Willingen stand er zum dritten Mal in dieser Saison auf dem Treppchen. »Uns konnte nichts Besseres passieren als sein zweiter Platz«, unterstrich auch Willingens Ski-Club Pressechef Thomas Behle die Bedeutung.
Während Michael Uhrmann weiteres Selbstvertrauen für die WM tankte, kam der Rest der Deutschen nicht mit. Zwar brannten die Fans Wunderkerzen ab, doch ein »Wunder« gab es nicht. Georg Späth schied als 35. aus. Zu verhalten waren die Sprünge des Oberstdorfers, der bei seinem Comeback doch noch das WM-Ticket lösen wollte. »Ich bin zu spät gekommen«, ärgerte sich Späth über seine Fehler beim Absprung.
Und Willingen? Die Wintersport-Party an der größten Großschanze der Welt bleibt, was sie immer war: Ein Glanzlicht im Weltcup, das die Springer und die Fans lieben. »Die Stimmung war sensationell«, formulierte Uhrmann. »Das Publikum ist fantastisch«, schwärmte Weltcup-Spitzenreiter Anders Jacobsen, der mit Sprüngen von 148 und 139 Metern begeisterte und die Siegprämie von 19 000 Euro gewonnen hat.

Artikel vom 12.02.2007