10.02.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Millimeter-Streit ums Kennzeichen

Straßenverkehrsamt besteht auf Kfz-Schild nach Euronorm an Matthias Eskes Honda

Von Ulrich Hohenhoff und
Markus Poch (Foto)
Brackwede (WB). Die Welt steht auf dem Kopf aus Sicht des 41-jährigen Matthias Eske, Bauleiter einer Bielefelder Asphaltfirma. Da hat er sich seinen Lebenstraum erfüllt und im Internet eine gebrauchte »Honda Gold Wing« gekauft. Aber er bekommt das Kult-Motorrad beim Straßenverkehrsamt nicht zugelassen.

Und das, obwohl die Maschine in Baden-Württemberg und Bayern seit zehn Jahren mit amtlichem Kennzeichen anstandslos über die Straßen rollte. Die Kennzeichengröße ist denn auch der »Casus Knacktus«. In den Papieren ist das Format 200 mal 200 Millimeter eingetragen. Die in die Karosserie des Nobel-Motorrades kanadischer Ausführung eingelassene Mulde für die Beschilderung entspricht dieser Größe. Derartige Schilder allerdings gibt es seit Einführung der Euro-Kennzeichen nicht mehr. Das Bielefelder Straßenverkehrsamt besteht auf Anbringung eines genormten, heute gültigen EU-Kennzeichens.
Matthias Eske wurde beim Technischen Überwachungsverein (TÜV) vorstellig, erhielt dort ein Ausnahmegutachten, das ihm die Möglichkeit eines kleineren Kennzeichens attestierte. Roman Woiczik, amtlich anerkannter Sachverständiger: »Die Zulassungsbehörde ist an diese Ausnahmegutachten nicht gebunden, sie allein entscheidet, welches Kennzeichen an welches Fahrzeug kommt.« So holte sich der passionierte Motorradfahrer denn auch zum wiederholten Mal einen Korb bei der Zulassungsstelle, die die »Königin der Straße« partout nicht zulassen wollte. Es sei denn, Matthias Eske würde das Fahrzeug entsprechend umrüsten.
Doch dem Brackweder ist nicht nur der finanzielle Aufwand zu groß, er fürchtet vor allem auch um den Gesamteindruck des Fahrzeuges. »Eine ÝGolden WingÜ ist wie ein rollendes Wohnzimmer, da entscheidet jedes Detail. Bauliche Veränderungen wiegen schwer.« Die fürchtet Eske nämlich, wenn er den für ein Kennzeichen vorgesehenen Platz nutzen will. »Da müsste ich den Koffer abbauen, etliche Arbeiten mit Säge, Hammer und Zange erledigen und zum Schluss alles wieder in der Spezialfarbe lackieren. Zu teuer, der Umbau verschandelt zudem die ganze High-Tech-Maschine.«
Dennoch wird Matthias Eske um einen Umbau nicht herumkommen, will er den Gesamteindruck retten. Speziell dafür gibt es sogar Vorgaben. »Nach einem Gerichtsentscheid sind 2,7 Prozent des Zeitwertes als Umrüstkosten zumutbar«, weiß Sachverständiger Roman Woiczik vom TÜV. »Es geht allerdings auch preiswerter. Einfach eine Kennzeichen-Halterung über die Mulde schrauben, das größere Schild anbringen und die Kennzeichenbeleuchtung verlegen. Das kostet nicht mehr als 30 bis 50 Euro.«
Für Matthias Eske keine Frage, dass dann das Heck des dunkelrot lackierten Flitzers nicht mehr als harmonische Einheit zu der Edelmaschine passt. »Das ist ein Bruch des Gesamtaussehens und vom Hersteller nicht beabsichtigt. Die Maschine ist schließlich ein Gesamtkunstwerk.« Die »Honda Gold Wing« gibt es seit 30 Jahren, hat in puncto Design und Leistung unter teilweise organisierten Motorradfreunden Maßstäbe gesetzt. Sie hat sechs Zylinder und 98 PS.

Artikel vom 10.02.2007