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Hässliche Narben nach
Schönheitsoperation

Chirurg muss 18 000 Euro Schmerzensgeld zahlen

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WB). Absaugen statt Abnehmen. Immer mehr Übergewichtige verzichten auf Hungerdiäten und rücken überflüssigen Pfunden lieber mit Hilfe der so genannten »ästhetischen Chirurgie« zu Leibe. Die Branche der Schönheitsdoktoren hat Hochkonjunktur.
Erfolg vor Gericht: Anwalt Rüdiger Völkel.
Die Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland (GÄCD) warnt jedoch vor schwarzen Schafen. Denn nicht immer läuft alles glatt. Das musste auch Elena V. aus Paderborn erfahren.
In Bad Oeynhausen ließ die 37-Jährige ihre Bauchrolle entfernen. »Bei der ersten Besprechung mit meiner Mandantin hat der Arzt sogar noch geprahlt, dass sie nach der Fettabsaugung wieder einen glatten Bauch haben werde«, sagt ihr Rechtsanwalt Rüdiger Völkel aus Paderborn. Er hat den Schönheitschirurgen auf 22 000 Euro Schmerzensgeld verklagt, weil der Eingriff gründlich daneben gegangen ist.
Unmittelbar nach der Fettabsaugung kam es zu Komplikationen. Auf der Haut bildeten sich kleine Wasserblasen, die von Stunde zu Stunde größer wurden. Besorgt rief die Frau den Arzt. Der legte allerdings nur ein Wundgitter auf und gab ihr Schmerztabletten.
Da sich die Situation aber weiter verschlimmerte, ging sie zu einem anderen Arzt. Doch auch Salbenverbände konnten nicht mehr verhindern, dass sich eine Nekrose bildete, die Haut abstarb. In einer langwierigen Behandlung gelang es zwar, die Wunde zu schließen. Zurück blieben große, hässliche Narben, die der Patientin zudem erhebliche Schmerzen bereiteten. Erst eine aufwändige Bauchdeckenplastik hat Elena V. wieder einigermaßen hergestellt.
Weil die Haftpflichtversicherung des Schönheitschirurgen sich weigerte, eine Schadenersatzpflicht anzuerkennen, erhob Völkel Klage beim Landgericht Detmold. In dem Prozess bemängelte eine medizinische Sachverständige der Kö-Klinik Düsseldorf die »mangelhafte Aufklärung und völlig unzureichende Dokumentation«. Zudem habe der Beklagte derart grob mit den Absaugkanülen hantiert, dass Hautschichten zerstört worden seien, was letztlich zu der Nekrose geführt habe.
Auf Vorschlag des Gerichts erklärte sich die Versicherung des Arztes in einem Vergleich schließlich zur Zahlung von 18 000 Euro Schmerzensgeld bereit.
Die GÄCD schätzte die Gesamtzahl der Schönheitsoperation bereits für das Jahr 2005 bundesweit auf mehrere 100 000 - Tendenz steigend. Bei Männern hätten sich im Vergleich zum Vorjahr die Eingriffszahlen sogar verdoppelt, sagt GÄCD-Vorstandsmitglied Dr. Matthias Gensior.
Die Zahl der verpfuschten Faltenbehandlungen, Fettabsaugungen, Nasen-, Lippen und Brustkorrekturen ist statistisch nicht erfasst, die Dunkelziffer groß. »Leider tummeln sich auch immer mehr unseriöse Schönheitschirurgen auf dem Markt«, beklagt Verbandspräsident Prof. Dr. Dr. Heinz G. Bull aus Krefeld. Auch Allgemeinmediziner und selbst Heilpraktiker hätten die ästhetische Chirurgie für sich entdeckt und begännen zu operieren.
Bull rät Patienten zu größter Sorgfalt bei der Wahl des Arztes. »Sie sollten sich bei der Entscheidung Zeit lassen und sich auf keinen Fall drängen lassen.« Die größte Erfahrung hätten sicherlich die auf den jeweilige Körperbereich spezialisierten Fachärzte. Von dem gerade eingeführten Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie hält Bull indes ebenso wenig wie von jenen Kollegen, die ausschließlich Schönheitsoperationen vornehmen.
Schönheitoperationen sind längst ein Millionengeschäft geworden. Eine Fettabsaugung kostet beispielsweise zwischen 1500 und 4000 Euro.

Artikel vom 17.02.2007