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Mutter schüttelt
Baby zu Tode

19-Jährige zu Jugendstrafe verurteilt

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WB). »Der Mike war eigentlich ein ganz Ruhiger und Lieber«, erzählt die junge Frau auf der Anklagebank mit leiser Stimme und versichert: »Ich war froh und glücklich«. Trotzdem hat Jessika S. ihren erst zwei Monate alten Sohn umgebracht.

Wegen Kindesmisshandlung und Körperverletzung mit Todesfolge verurteilte das Landgericht Paderborn die 19-Jährige aus Lippstadt gestern zu vier Jahren Jugendstrafe. »Sie hat schwere Schuld auf sich geladen«, sagt Richter Stefan Schäfer.
Mit 16 verlässt Jessika S. ihr Elternhaus, mit 17 lernt sie ihren Freund kennen, zieht mit ihm zusammen und wird bald darauf schwanger. Beide sind arbeitslos, die Situation ist nicht gerade einfach. Dennoch überwiegt offenbar die Freude, als das Baby im Mai 2006 gesund zur Welt kommt. »Der Junge war in einem guten Ernährungs- und Pflegezustand«, wird die Gerichtsmedizinerin später bei der Obduktion feststellen. Als Todesursache schreibt sie in ihren Bericht: »Massives Hirnödem mit Gehirnblutungen als Folge eines Schütteltraumas«.
Die Nacht vor der Tat hat die junge Mutter kein Auge zugetan, bis 5 Uhr morgens mit ihrem Lebensgefährten Fernsehen geguckt. »Ich war total müde und kaputt, wollte nur noch schlafen«, erinnert sie sich. Aber daran hindert sie ihr Kind. Beim Füttern beginnt Mike zu schreien, will nicht wieder aufhören. »Ich konnte ihn nicht beruhigen. Da habe ich ihm erst eine Ohrfeige verpasst und ihn dann geschüttelt«, gibt die Angeklagte zu. Der Junge sei dann ganz still geworden. Sie habe ihn in seine Wiege gelegt und sei selbst ins Bett gegangen. »Mittags hat der Kleine noch geatmet.« Am späten Nachmittag gegen 17 Uhr sei Mike tot gewesen.
Gegenüber dem Notarzt und der Polizei behauptet sie zunächst, der Säugling sei vom Sofa gefallen. Doch die Gerichtsmedizin bringt die Wahrheit ans Licht, Jessika S. wird verhaftet.
Ein Vertreter der Jugendgerichtshilfe spricht von einem »Mangel an sozialer Kompetenz«. Sie sei, auch bedingt durch eigene Übermüdung, mit dem Schreianfall ihres Kindes überfordert gewesen und habe sich in einer »psychischen Ausnahmesituation« befunden, bescheinigt Psychiater Klaus Föller der Angeklagten eine »erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit«.
»Dennoch steht man fassungslos vor einem solchen Geschehen«, meint Staatsanwalt Dietmar Sauerland.

Artikel vom 09.02.2007