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»Die Stimmung ist besser
als die reale Situation«

Einzelhandel: »Kauflust ja, aber die Kaufkraft fehlt«

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). »Das letzte Weihnachtsgeschäft hatte erstmals wieder den Namen 'Geschäft' verdient,« sagte Reinhard Dieter Wolf, Vorsitzender des Handelsausschusses der Industrie- und Handelskammer (IHK) aus Anlass der Ergebnisse der aktuellen Konjunkturlage. Bei der Frühjahrsumfrage der IHK beim Einzelhandel waren 41 Prozent mit der Lage zufrieden - doppelt soviel wie vor Jahresfrist.

Der Einzelhandel, so Wolf, profitiere vom Anstieg der Kauflust, die Stimmung sei optimistisch. Was, so Wolf, auch »nötig« sei angesichts jahrelanger Stagnation oder sogar Rückgangs. Er freue sich über den »Stimmungsschub«, wünsche sich, dass die wachsende Kauflust »nicht nur ein Pfeifen im Wald« ist: »Das ist nämlich noch nicht der große Aufschwung.«
Denn die Folgen der Mehrwertsteuererhöhung seien noch nicht ausgestanden. Das Weihnachtsgeschäft sei vor allem auf vorgezogenen Konsum zurück zu führen, von dem auch längst nicht alle Branchen profitiert hätten. Die Kunden hätten vor allem langlebige Güter wie Unterhaltungselektronik, Möbel, Autos noch vor dem Jahreswechsel gekauft. Wolfs Befürchtung: »Der Endverbraucher schränkt sich ein, um die höhere Mehrwertsteuer zu kompensieren.« Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes mit in Bielefeld 2000 Betrieben mit 13 000 Mitarbeitern gehören, spricht ebenfalls von einem »schwierigen ersten Quartal«. Auch mit dem Ergebnis des freiwilligen Winterschlussverkaufes sei man nicht zufrieden: »Es ist noch jede Menge Winterware da.« Zurzeit sei die Kundenfrequenz in der Innenstadt samstags zwar gut, in der Woche allerdings ließe sie häufig zu wünschen übrig.
Von der Möglichkeit, verlängerte Öffnungszeiten anzubieten, würden, so Reinhard Dieter Wolf, »ausschließlich die Oberzentren und dort ausschließlich die 1 a-Lagen profitieren«: »Die neuen Ladenöffnungszeiten gehen zu Lasten der kleineren Standorte.«
Dem Kunden sei zudem nicht die Länge der Öffnungszeiten wichtig, sondern deren Verlässlichkeit. Nach Meinung von Wolf können ihre Türen auf Dauer nur große Warenhäuser und Filialisten geöffnet lassen: »Darunter leidet der Branchenmix.« Die Kaufkraft sei jedenfalls nicht gestiegen und für den Handel komme es jetzt darauf an, wo der Endverbraucher sein »verfügbares Einkommen« ausgibt. Wolfs Fazit: »Die Stimmung ist besser als die reale Situation.«Bericht Seite Wirtschaft

Artikel vom 08.02.2007