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Gewerkschaften packen die Probleme nicht an

Die Auswirkungen von Hartz IV zu bekämpfen ist wichtiger, als Lohnerhöhungen zu erstreiten

Gewerkschafter (hier im vergangenen Jahr) streiken für höhere Löhne - dabei vernachlässigen sie wichtigere Probleme, meint dieser Leser.
Zu den Warnstreiks in der Metallindustrie:
Wieder ist es so weit. Wieder gibt es wilde Drohgebärden von einer Gewerkschaft, die oft genug nur die dynamischen Beitragszahler im Auge hat. Gut bezahlte Gewerkschaftsfunktionäre übernehmen für einige Wochen die Rolle von Arbeiterführern. Als Mitarbeiter gut organisierter Firmen fällt ihnen das nicht schwer. Einige Stunden Warnstreik im Februar und am Ende winkt eine Lohnerhöhung. Kein strenger Chef steht in einem gewerkschaftlich gut organisierten Betrieb auf dem Beobachtungsposten und schreibt Vermerke für die Personalakte. .  .
Werden aber die wirklichen Probleme ernsthaft angefasst? Für viele Erwerbslose sieht es leider gar nicht positiv aus. Nicht »nur« für eine Lohnerhöhung lohnt es sich auf die Straße zu gehen, sondern vor allem gegen die Politik, die in den letzten Jahren praktiziert wird: Arbeitnehmer werden demnächst noch mit 67 Jahren an der Werkbank stehen oder im Büro gefordert. Viel zu spät und zaghaft reagieren hierauf die Gewerkschaften. Viele jüngere Arbeitslose warten vergeblich auf eine wirkliche »Entspannung« am Arbeitsmarkt. Hartz IV und seine Folgen führen bei Arbeitslosigkeit zu einer Mehrfachbestrafung, nach einem Jahr drohen oftmals Armut, Verlust der Ersparnisse und vielleicht sogar noch die zwangsweise Aufgabe der angestammten Wohnung.
Die Bekämpfung dieser Auswirkungen sollte Vorrang bei den gewerkschaftlichen Aktionen haben. Glaubwürdig können dies aber nur Gewerkschaftsfunktionäre leisten, die in der Vergangenheit - und nicht nur in der jetzigen Phase - genügend Distanz gegenüber den Vertretern dieser falschen Politik bewiesen haben.
GERD BOBERMINFRANZ-JOSEF DREJZA33607 Bielefeld

Artikel vom 15.02.2007