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Einfühlsam und tonschön

Konzert des Hochschulorchesters zum Abschluss des Wintersemesters

Von Lara Venghaus
Bielefeld (WB). Mit Schuberts großer C-Dur Sinfonie (D 944), entstanden 1828, uraufgeführt 1839 unter Felix Mendelssohn im Leipziger Gewandhaus, hat sich das Hochschulorchester jetzt im sehr gut besuchten Auditorium Maximum der Universität an ein bedeutendes Werk der Musikgeschichte gewagt. Mit lang anhaltendem Applaus bekundeten die Zuhörer, dass das Orchester diesem Wagnis gerecht werden konnte.

Schon Robert Schumann bestaunte die »himmlische Länge« der Sinfonie, und Michael Hoyer brachte sie den Zuhörern schon allein dadurch nahe, dass er das Werk ungekürzt, mit allen von Schubert vorgesehenen Wiederholungen aufführen ließ. Die Gesamtkonzeption, die auch dieser Entscheidung zu Grunde liegt, wurde schon im ersten Satz deutlich, den ein klangvoll vorgetragenes achttaktiges Hornsolo einleitet. Zunächst die langen ausmusizierten Phrasen, nie zerfallend, nicht nur von den melodischen Verläufen der Bläser, die leider erst im Verlauf des ersten Satzes intonatorisch zusammenfanden, sondern auch von den Streichern durch jedwede Tonwiederholungen durchgetragen, dann die Kontraste, hier zwischen der kraftvoll gespielten Einleitung des Satzes und dem leichtfüßigen Allegro, dessen Präzision auch in den schnellen Passagen bemerkenswert war, aber auch in den kleinen Dialogen wie etwa der zwischen den klangschönen Posaunen und dem an dieser Stelle gestochen spielenden Streichorchester.
Bezaubernd, mit überirdischen Tendenzen der zweite Satz, das Andante con moto, einfühlsam vor allem von der tonschönen, zarten Oboe gezeichnet, genau ausgearbeitet in Artikulation und Phrasierung. Präzise begleitet von den Streichern, konnten sich die Holzbläser leicht, jedoch mit der für diesen elegischen Satz notwendigen Ernsthaftigkeit in großen, nicht enden wollenden Linien ausbreiten. Im Dialog zwischen Bläsern und Streichern wurden die Kontraste der Klangfarben, die unbarmherzigen Stakkatomotive der Streicher gegenüber den weichen Legatobögen der Bläser, förmlich greifbar.
Und nicht nur im Kleinen, auch im Großen gelang es, diese Kontraste herauszustellen. Glaubte man sich nach etwa zwei Dritteln des Satzes nach dem Trauermarsch nun in den Vorhöfen der Hölle angelangt und erinnerte sich noch kurz an den Weg zurück, so erblickt man plötzlich den Himmel. Leicht schweben die melodiösen, warmen Linien von Flöte und Klarinette über den Streichern, die auch hier, trotz ihrer unterbrochenen Phrasen nie den Zusammenhang, die große Gesamtlinie verlieren.
Auch im Scherzo konnte das Orchester diese bemerkenswerte Gesamtlinie weiterverfolgen, durchweg die Differenzierung zwischen geradezu statischen Tonrepetitionen und tänzelnd virtuosen Motiven aufrechterhaltend. Seinen Gegensatz fand das Scherzo in dem kantilenigen Trio, das besonders von dem wundervoll harmonierenden Holzbläserensemble ausgestaltet war. Hervorzuheben sind auch die drei sehr gut aufeinander eingespielten Posaunen, die mit warmer Tongebung, auch im Forte nie herausplatzend, überzeugten.
Im Verlauf des Finales, welches die 44 Musiker noch frisch und belebt angingen, war dann aber doch die Anstrengung zu bemerken, die ein Werk solchen Ausmaßes dem Orchester abverlangt. Trotzdem wurden auch hier die »himmlischen Längen« präzise ausmusiziert; Michael Hoyer hatte sein Orchester in jedem Augeblick fest in der Hand seines genauen, einfühlsam-zupackenden Dirigats. Jede Abstufung sowohl in der Dynamik und Phrasierung als auch in den Tempi war so genau gearbeitet und geführt, dass keine Unsicherheiten aufkommen konnten.
Lang anhaltender Beifall belohnte die Musiker für diese große, ansehnliche Leistung. Ein gelungenes Konzert, das am Freitag abend in Brake wiederholt werden wird.

Artikel vom 08.02.2007