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Irsinnig und chaotisch

Die »Blood Brothers« zu Gast im »Forum«


Bielefeld (WB/jm). Neues Jahr, altes Konzept. Die allmonatliche »Visions Party« ließ natürlich auch im neuen Jahr nicht lange auf sich warten. Weshalb auch, schließlich haben die »Visions Partys« in Bielefeld längst Kultstatus erreicht und sind jedes Mal ausverkauft. Diesmal fetzten vier Bands durchs »Forum«.
In der aktuellen Februarausgabe kamen besonders die Fans experimenteller Musik voll auf ihre Kosten. Wie gewohnt, lud das »Forum« mit Live-Acts inklusive anschließender Disco zum Feiern, Tanzen und Abgehen ein.
Der »White Circle Crime Club« aus Belgien eröffnete das Spektakel. Ihre rauen und zugleich detaillierten Instrumentalpassagen werden gerne zwischen »Gang of Four«, »Fugazi« und »Sonic Youth« eingeordnet.
»Kju« kreuzten breitbeinige Gitarren mit durchdachten und emotionalen Texten. Damit bewies das Quartett, dass einheimische Bands sich nicht hinter amerikanischen Exportschlagern verstecken müssen. Besonders das neue Album »Setting Sun« der vier Musiker aus Münster zeugt von Reife - damit kann man sich auch auf internationaler Ebene einen Namen in der Alternativeszene machen.
Einen der wahrscheinlich denkwürdigsten Bandnamen der Republik tragen wohl »Urlaub in Polen«. Obwohl es sich hier um eine Zwei-Mann-Band handelt, überraschten Georg Brenner und Jan Phillip Janzen damit, wie unglaublich komplexe Klangdimensionen man zu zweit erschaffen kann. Mit Schlagzeug, Gitarre und einem Laptop bewaffnet, stürzten sich die beiden in einen Krieg der Sound-Welten.
Zum musikalischen GAU kam es jedoch erst beim Headliner, bei den »Blood Brothers« aus Seattle. Die setzten die Segel zur wilden Plünderungsfahrt, in der jedes erdenkliche Genre missbraucht und zerhackt wird, um es anschließend zu einem obskuren Stilmix aus Punk, Elektronik, Jazz, Psychedelic Rock und Grafikdesign zusammenzuflicken. Der Zuhörer wird von ständigen Taktsprüngen in die Irre geführt, stolpert über elektronisches Beatgerümpel und wird von kreischendem Gesang erdrückt.
Mit ihrem Rezept aus extravaganten und ätzenden Sound treffen die »Blood Brothers« garantiert nicht jedermanns Geschmack. Wenn man jedoch solchen Parolen wie »Fire! Fire! Fire!« aus der Single »Set your Face On Fire« oder »Cambouflage« ausgesetzt wird, kann man sich dem chaotischen Klangtreiben nur schwerlich entziehen. Das Publikum jedenfalls feierte zusammen mit den Frontmännern Jordan Blilie und Johnny Whitney bis in den Morgen.

Artikel vom 09.02.2007