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»Wollen keinen Spiegelpalast«

100 Interessenten informierten sich über das »Turm-Projekt« Altstadt

Bielefeld (bp/mm). Fusion und damit Identitätsverlust oder Ressourcen einsetzen und damit neue Einnahmequellen erschließen: das sei die Frage gewesen, vor der er gestanden habe, erklärte Pfarrer Armin Piepenbrink-Rademacher gestern Abend vor rund 100 Zuhörern in der Altstädter Nicolaikirche. Sie wollten mehr erfahren über das »Turm-Projekt«.

Piepenbrink-Rademacher erklärte seine Idee, den Kirchturm mit Hilfe eines gläsernen Außenaufzuges permanent zugänglich zu machen und in Höhe der heutigen Balustrade eine »gläserne« Aussichtsplattform zu schaffen (das WESTFALEN-BLATT berichtete). Das Eintrittsgeld soll dazu beitragen, das Defizit im Gemeindehaushalt auf Null zurück zu fahren. Man rede »über den Erhalt der historischen Marktkirche«, sagte der Pfarrer, mahnte an, jegliche »emotionalisierte Diskussion« zu vermeiden.
Pläne über das Aussehen des verglasten Aufzugschachtes wurden gestern Abend nicht vorgestellt. Man könne die Aufzuganlage nicht Tag für Tag neu anpassen, wolle aber auf die Anregungen aus den politischen Gremien (Beirat für Stadtgestaltung, Bezirksvertretung Mitte) reagieren. Piepenbrink-Rademacher versprach »in vierzehn Tagen, drei Wochen« ein Modell der Altstädter Nicolaikirche, ergänzt durch ein Modell des »gläsernen Aufzuges«. Man wolle die »Wesenhaftigkeit des Gebäudes nicht stark beeinflussen«: »Das Neue wird von der Kirche eingefasst und tritt nicht in Konkurrenz.« Einen Innenaufzug einzubauen sei unmöglich, zumal der dann in der Turmhalle seinen Anfang nehmen müsste. Piepenbrink-Rademacher: »Das würde unsere offene Kirche verhindern.« Zudem müsste er am Turmglockenspiel vorbei geführt werden. Der Pfarrer und Architekt Michael Clarfeld betonten, die Plattform trage kaum auf: »Ein transparenter Baukörper - wir wollen keinen Spiegelpalast.«
Ziel sei, so Piepenbrink-Rademacher, die Genehmigungsfähigkeit des Projektes bis Ende März zu erreichen. Dies sei ein Wunsch der Geldgeberin, die bereit sei, Plattform und Aufzug zu finanzieren. »Eine Baugenehmigung ist in so kurzer Zeit natürlich nicht zu schaffen, aber wir brauchen Verlässlichkeit.«
In der anschließenden Fragerunde - der Abend war ausdrücklich nicht als Diskussionsveranstaltung deklariert - gab es unter den Gemeindegliedern zumeist befürwortende, aber auch kritische Stimmen. Eine Frau fragte, ob das Projekt noch zu stoppen sei, da sie es als »hässlich« empfinde. Dazu gebe es keine Veranlassung, antwortete der Pfarrer. Er erhielt Unterstützung aus dem Kreis der Gemeinde: »Es wäre schöner, wenn wir das Gebäude so erhalten könnten, wie es ist. Wir müssen aber neue Einnahmequellen erschließen, sonst ist es um unsere Selbstständigkeit geschehen.« Dr. Annette Klinkert von der Bielefeld Marketing ermunterte die Gemeinde, das Projekt weiterzuentwickeln. »Wir finden die Idee wunderbar.« Im vorigen Jahr hätten 9 000 Menschen an Stadtführungen teilgenommen. Daran erkenne man das Potential, wenn der Turm mit einem Aufzug zugänglich gemacht werde.

Artikel vom 06.02.2007