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Entwurf so nicht realisieren


Aussicht von der Kirche für alle - gute Idee. Dass die Kirche hierfür Sponsoren findet und damit sogar noch ihre Kosten decken kann - Êumso besser.
Der jetzige Entwurf darf jedoch sicherlich nicht so realisiert werden, wie nach Studium der ersten Animationen und Beschreibungen zu erahnen ist - sonst wird sich so manch einer der jetzt begeisterten Entscheider später wünschen, man hätte vorher länger nachgedacht.
Bei einem der wenigen Bielefelder Wahrzeichen müssen dringend mehr Behutsamkeit und mehr gestalterische Qualität gefordert werden. Dass diese Aufgabe offensichtlich alleine dem Beirat für Stadtgestaltung überlassen bleibt, ist erschreckend.
Man stelle sich nur vor: Vom Alten Markt aus gesehen wäre ein Großteil der historischen Turmfassade durch einen Anbau verdeckt. Die Silhouette würde - ausgerechnet im sensiblen Ansatzpunkt des neuergänzten ÊTurmes - formal empfindlich gestört. Warum die neue Terrasse kreisrund über die Außenkanten des Turmes hinausgreift statt sich auf den bereits vorhandenen Umgang zu beschränken, bleibt rätselhaft und erscheint unnötig. Vor der Kirche stehend bzw. vom Alten Markt aus kommend, nähme man künftig Êin Augenhöhe statt der alten Kirchenmauern Kassenhäuschen inkl. Toilettenzugang wahr - mitten in der âguten StubeÕ Bielefelds.
Was also ist zu Êtun? Erforderlich wäre ein Wettbewerb der Ideen, um die möglichen Varianten auszuloten und eine optimierte Lösung zu erhalten. Hierbei sollte auf den qualifizierten Rat von Außen in Form einer hochwertigen und neutralen Jury nicht verzichtet werden. Dieses Vorgehen sollte bei Vorhaben, die das öffentliche Interesse derartig tangieren, eigentlich selbstverständlich sein.
Gemeinsames Nachdenken mit etwas mehr Muße hat noch nie geschadet; wenn es sich aber um einen derartig zentralen Punkt unserer Stadt handelt, scheint es besonders notwendigÊ- selbst, wenn hierdurch die Umsetzung zunächst noch verzögert wird. ÊAuch ein Mäzen sollte doch an einer verträglichen Lösung interessiert sein!
Auf ein schnelles Durchwinken sollten die Entscheider dringend verzichten. Die Beispiele für vorschnellen und wenig behutsamen Umgang mit historischer Substanz sind zahlreich genug. Zu zeigen, dass es auch anders geht, sollte den Bielefeldern und insbesondere auch der Kirche ein Anliegen sein. Denn auch hierfür gibt es gute Beispiele, die zunächst zu studieren sich lohnen würde.
Wenn die durchaus clevere Idee tatsächlich umgesetzt werden soll, dann darf dies nur mit einer Lösung geschehen, die deutlich mehr Rücksicht auf die bestehende Situation nimmt und die - auch im Detail - den hohen Anforderungen des exponierten Standortes gerecht wird. Ein außenliegender Aufzug scheint hierbei beispielsweise nicht tolerabel. Wenn sich herausstellt, dass dies nicht einzuhalten ist, muss man im Interesse des Stadtbildes ganz darauf verzichten.

THOMAS BREWITT
33602 Bielefeld

Artikel vom 06.02.2007