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Kritik an Rüttgers wächst

Sorge in der CDU um wirtschaftspolitisches Profil der Partei

Berlin (WB/Reuters). Der angekündigte Rückzug des Finanzexperten Friedrich Merz aus der Politik hat in der CDU eine Debatte um das wirtschaftspolitische Profil der Partei entfacht. Die Kritik am Kurs von NRW-Parteichef Jürgen Rüttgers nahm zu.Fraktionsvize Wolfgang Bosbach: »Da kommt einiges zusammen.«

Gestern äußerte sich auch Bundestags-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach kritisch über den Kurs der NRW-CDU. Merz sei eine Symbolfigur für einen marktwirtschaftlichen Kurs, sagt Bosbach. Sein Weggang sei ein Verlust. Der Wirtschaftsexperte der Fraktion, Laurenz Meyer, äußerte im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT die Sorge, das Ausscheiden von Merz könnte als Schwächung des marktwirtschaftlichen Kurses wahrgenommen werden. Bosbach zeigte zudem Verständnis für die Kritik von Merz am Kurs der CDU in Nordrhein-Westfalen unter Parteichef und Ministerpräsident Jürgen Rüttgers.
Wie gestern berichtet, hatte der 51-jährige Merz am Montagabend überraschend angekündigt, er werde bei der Bundestagswahl 2009 nicht erneut antreten. Nach 20 Jahren parlamentarischer Tätigkeit wolle er ganz in seinen Beruf zurückkehren.
Der Rechtsanwalt machte aber auch die große Koalition und die CDU in Nordrhein-Westfalen für seinen Rückzug verantwortlich. »Ich habe meine Entscheidung allerdings auch im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Politik der großen Koalition in Berlin und mit dem politischen Kurs der nordrhein-westfälischen Landespartei getroffen, der mit meinen Grundüberzeugungen (...) nicht vereinbar ist«, erklärte Merz, der für den Hochsauerlandkreis im Bundestag sitzt.
Rüttgers, der zuletzt auch noch wegen einer außenpolitischen Rede Anstoß erregt hatte, äußerte sich nur knapp. Merz sei einer der großen politischen Köpfe der CDU, erklärte der NRW-Parteichef. Er bedauere den Rückzug.
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla nannte Merz einen der profiliertesten Politiker in Wirtschaftsfragen, sprach aber von einer »persönlichen Entscheidung«. Die FDP nahm dies zum Anlass, der CDU eine Abkehr von der Marktwirtschaft vorzuwerfen. Der Abschied von Merz »von der aktiven Bundespolitik belegt, dass für marktwirtschaftliche Vernunft in der Union kaum noch Platz ist«, sagte FDP-Chef Guido Westerwelle.
»Die Gedanken, die Friedrich Merz gehabt hat, die beschäftigen mich auch schon seit geraumer Zeit«, sagte Bosbach. Er stehe aber nicht vor dem Rücktritt. Kompromisse seien selbstverständlich in Koalitionen. Außerdem komme »einiges zusammen«. Dies müsse die CDU intern regeln: »Ich könnte jetzt 15, 20 Enttäuschungen zitieren. Das sind Familienangelegenheiten. Das gehört in die Familie und nicht in die Öffentlichkeit.«
S. 4: Hintergrund/Kommentar

Artikel vom 07.02.2007