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Schadstoffe
müssen weg

Notfalls hilft der Anwalt

Schadstoffe, die aus Baumaterialien oder Einrichtungsgegenständen austreten, muss man als Käufer oder Mieter nicht akzeptieren. Darauf weist der Verein »natureplus« hin, der sich dem gesünderen und nachhaltigen Bauen und Wohnen verschrieben hat.

Ein Teppichboden, der auch nach Wochen stinkt wie eine Chemikalienhandlung; Möbel, die durch ausgasendes Formaldehyd die Augen tränen lassen und die Schleimhäute reizen; flüchtige Kohlenwasserstoffe aus Lacken, Klebern und Kunststoffen, die Kopfschmerzen und Allergien verursachen - nicht selten sind Wohnungen und Häuser ein einziger Chemiecocktail.
»Generell ist der Verkäufer oder Vermieter zur Beseitigung der Schad-stoffe verpflichtet«, sagt Thomas Schmitz- Günther, Geschäftsführer von »natureplus«. So gehe die Rechtsprechung zum Beispiel bei einem Mietvertrag davon aus, dass zur ordnungsgemäßen und uneingeschränkten Nutzbarkeit von Wohn- oder Gewerberaum die Freiheit von erhöhter Schadstoffbelastung gehöre. Davon dürfe man ausgehen, wenn man einen solchen Vertrag abschließt, auch ohne dass dies ausdrücklich im Vertrag geregelt sei. Sind Schadstoffe nachgewiesen, kann man auf die Beseitigung des Mangels bestehen und bis dahin die Miete kürzen. In welcher Höhe, sagt der örtliche Mieterbund.
»Dabei ist die Frage, ob gesetzliche Grenzwerte oder Richtwerte überschritten sind, vor Gericht nicht entscheidend«, betont Jochen Kern, Rechtsanwalt aus Nürnberg. »Die Thematik der Grenzwerte wird zwar gerne und ausgiebig diskutiert. Es gibt aber Entscheidungen, die sagen, dass eine Sache mangelhaft sein kann, auch wenn die Grenzwerte eingehalten wurden.« Der Jurist verweist auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes, in der Glaselemente in einer Fassade als mangelhaft angesehen wurden, obwohl sie den zu diesem Zeitpunkt bestehenden anerkannten Regeln der Technik entsprachen (Urteil vom 09. Juli 2002, Aktenzeichen X ZR 242/99).
Doch wie wird man die Schadstoffquelle wieder los? Bei Möbeln und Einrichtungsgegenständen sollte man versuchen, sie zurückzugeben, also den Kaufvertrag rückgängig zu machen, oder gegen ein mängelfreies Exemplar umzutauschen. Weigert sich der Verkäufer, fordert man ihn schriftlich auf, bis zu einer bestimmten Frist ein einwandfreies Produkt zu liefern. Klappt auch das nicht, führt der Weg zum Anwalt.
Ein Haus oder eine Wohnung, in die schad-stoffhaltige Materialien eingebaut wurden, kann man nicht so einfach zurückgeben. Hier empfiehlt Rechtsanwalt Jochen Kern ein schrittweises Vorgehen:
l Zuerst sollte man die Wohnräume von einem Baubiologen oder einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen untersuchen lassen.
l Gesundheitliche Probleme und ihre Auswirkungen auf die Bewohner stellt eine Untersuchung durch einen Umweltmediziner, Toxikologen oder Allergologen fest.
l Parallel zu den Untersuchungen sollte man den Mangel schriftlich reklamieren und eine Frist zur Beseitigung setzen.
l Hat dies keinen Erfolg oder gibt es Unklarheiten, sollte man sofort einen Fachanwalt aufsuchen und sich beraten lassen.

Artikel vom 10.02.2007