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Hamlet, ganz
schön tragisch

Regisseur erntet in Bielefeld Pfiffe

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). »Hamlet« ist die Tragödie von Menschen, die an sich selbst scheitern in einer nach Perfektion strebenden Welt. »Hamlet« ist ein Stück, das selbst scheitern kann. Das Theaterpublikum in Bielefeld erlebte am Samstag eine zwiespältige Premiere.

»Hamlet« ist eines der Stücke, aus dem Sätze in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen sind (»Sein oder Nichtsein - das ist hier die Frage«, »Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde. . .«). »Hamlet« ist ein Stück, das Regisseure zu immer neuen Interpretationen herausfordert. Manchmal gelingt es. Manchmal nicht.
Regisseur Matthias Brenner hat sich an Shakespeares »Hamlet« heran gewagt. Er inszeniert die Akteure am dänischen Hof in der Hierarchie eines Orchesters. Bis zur Pause gelingt ihm das. Das Geschehen auf der Bühne wirkt pointiert, die Handlungsabläufe sind zwingend. Nach der Pause aber entfesselt er ein mitunter blindwütiges Treiben, bei dem er den »roten Faden« gelegentlich verliert, die Schauspieler auf der Bühne irgendwie verloren gehen. Das Premierenpublikum reagierte mit äußerst verhaltenem Beifall und ein paar Pfiffen für den Regisseur.
Aber nur für den. Die Schauspieler waren davon ausgenommen, vor allem Alexander Swoboda (Claudius) und Thomas Wolff (Hamlet) wurden mit - vereinzelten - »Bravos« für ihre außergewöhnliche Leistung belohnt. Aber auch Hans Fleischmann (Polonius) verstand es mit seinem Spiel, den Witz, ja, die Leichtigkeit im elisabethanischen Showbiz lebendig zu machen.
Zu den positiven Höhepunkten der Inszenierung gehörte das »Schauspiel im Schauspiel«, mit dessen Hilfe Prinz Hamlet den verhassten Onkel zum Geständnis zwingen wollte: Fleischmann, Harald Gieche und Carmen Priego stellen den Tod des alten Königs so dar, dass man sich in ein Shakespearesches Volkstheater zurück versetzt glaubt, Gieche und Priego liefern auch als Güldenstern und Rosenkranz bzw. Totengräber Großartiges. Tragisch hin und her gerissen zwischen Täuschung und bitterer Erkenntnis Gertrud (Therese Berger) und Ophelia (Christina Huckle). Laertes (Julian M. Grünthal) übt sinnlos Rache, Horatio (Andreas Hilscher) versucht, sich mit niemandem anzulegen - und überlebt. Von angenehmer Zurückhaltung und doch überraschend wandelbar: das Bühnenbild von Nicolaus-Johannes Heyse. Kostümbildnerin Cäcilia Müller versucht, das Orchesterthema mit Frack-Anleihen und die Beziehungsgeflechte durch Farben aufzunehmen. Und da ist dann noch eine Szene, in der Hamlet und Horatio unnötig lange gezwungen sind, völlig unbekleidet zu monologisieren.
Der Rest ist Schweigen.
Weitere Aufführungen: 7., 16., 23., 27. Februar.

Artikel vom 05.02.2007