05.02.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Angela Merkel

»Kleinwagen müssen andere Grenzwerte als ein großes Familienauto haben.«

LeitartikelCO2-Diskussion

Klimakiller
nicht nur aus
dem Auspuff


Von Wolfgang Schäffer
Die Eisflächen der Pole schmelzen dahin, die Meeresspiegel steigen, Stürme werden heftiger, lange Hitzeperioden häufiger. Das Szenario, das Klimaexperten für die Zukunft aufzeigen, ist beängstigend. Gleichwohl macht es deutlich, wie dringend ein Umdenken notwendig ist.
Im Mittelpunkt der Diskussionen steht derzeit vor allem das Kohlendioxid (CO2). Dieser Klimakiller kommt unter anderem auch aus den Auspuffanlagen von Pkw. Die Betonung liegt hierbei auf »unter anderem«. Viele Experten und Politiker scheinen aber bereits so vom CO2-Dunst eingehüllt zu sein, dass sie einen klaren Blick auf die Realität verloren haben.
Lediglich ein Fünftel der Kohlendioxid-Emissionen in der EU ist dem Verkehr zuzuordnen. Und gerade einmal die Hälfte dieses Anteils entfällt auf Pkw. Vor diesem Hintergrund ist es mehr als unverständlich, jetzt die Autos als Dreckschleudern so sehr in den Fokus zu zerren.
Unbestritten ist, dass sich der europäische Automobilverband (ACEA) 1998 verpflichtet hatte, den CO2-Ausstoß bis 2008 auf 140 Gramm pro Kilometer zu senken. Dieser Wert sollte aber im Mittel von der kompletten Fahrzeugflotte in Europa erreicht werden. Für Hersteller wie Audi, BMW, Mercedes oder Porsche wäre aufgrund ihrer Modellstruktur dieses Ziel nicht zu realisieren.
Wenn sich jetzt vor allem französische Autobauer mit CO2-Werten von weniger als 150 Gramm brüsten, ist das zwar richtig, aber auch Augenwischerei. Schließlich dominieren Citroën, Peugeot und Renault vor allem den Kleinwagen- und Mittelklasse-Markt. Die Produktpaletten darüber werden von den Deutschen beherrscht, die im Schnitt etwa 185 Gramm CO2 pro Kilometer in die Luft blasen. Deutlich zuviel. Da sind sich selbst die Verantwortlichen der Hersteller einig. Mit großem finanziellen und technischen Aufwand haben sie es seit 1999 aber geschafft, die CO2-Emissionen um fast 15 Millionen Tonnen zurückzufahren. Dieser Weg wird mit neuen Techniken, die die Autos aber auch teurer machen, fortgesetzt. Damit ist in Deutschland eindeutig die Trendwende zu erkennen. Anders als weltweit, wo der Kohlendioxid-Ausstoß ständig zunimmt.
Verantwortlich dafür sind aber nicht einzig und allein die Autos. Neben Kraftwerken und anderen industriellen Dreckschleudern sei nur ein Beispiel genannt: Nach den Zahlen der UN-Ernährungsorganisation FAO belastet der globale Rinderbestand allein durch Waldverlust und Methan das Klima genauso stark wie alle Menschen Indiens, Japans und Deutschlands zusammen. Zähle man die Wirkungen aller Rinder, Schafe, Schweine und Geflügel zusammen und berücksichtige man dazu noch die CO2-Emissionen der industrialisierten Landwirtschaft, betrage der Beitrag der Viehzucht am Treibhauseffekt 18 Prozent - mehr als der globale Verkehr und fast so viel, wie die USA in die Atmosphäre blasen.
Auf diesen Feldern ist also ein Umdenken mindestens ebenso dringend erforderlich wie im jetzt angeprangerten Pkw-Bereich.

Artikel vom 05.02.2007